Es kann lustig sein, Bücher nach einem Jahrzehnt oder mehr noch einmal zu lesen. Manchmal langt die Besprechung, um das Buch wieder in Erinnerung zu haben.
Schneckentempo – langsam aber stetig
Im Schnitt muss man drei Seiten lesen, bevor die Quintessenz
kommt. Oft habe ich nach diesen drei Seiten gedacht: „Alte Laberbacke!“
Dann merkte ich, wie kurzweilig doch diese Seiten waren.
So erfährt
die Leserin allerhand über den Wiener Rettungsdienst im Allgemeinen und
über die Rettungsdienstler im Besonderen. Es werden haargenau die
Unterschiede und Gemeinsamkeiten von zwei verschiedenen –
konkurrierenden – Rettungsdiensten herausgearbeitet. Wer weiss, wozu das
einmal wichtig sein wird ;-)).
Wer ist die Hauptperson?
Im Nachhinein fällt mir auf, dass die Hauptperson im Buch
gar nicht DIE Hauptperson ist. Die Handlung habe ich schnell wieder
vergessen. Ich wundere mich, dass dieses Buch mit dem Deutschen
Krimibuchpreis von 1999 ausgezeichnet wurde. Die Hauptperson dieses
Buches ist eindeutig der Erzähler, der als Person nichts über sich
verrät und der auch nie in Erscheinung tritt. Ihm und seinen
ausschweifenden Erklärungen über Gott und die wiener Welt könnte ich
jederzeit auch einen anderen Romaninhalt abnehmen.
Bei der Rückschau
fällt vielleicht noch so manch anderer Leserin ein, dass jedes Wort
seine Berechtigung hat. Selbst bei dem sparsamen Titel: „Komm, süsser
Tod“ kann sie jedes Wort auf die Waagschale legen.
Empfehlung
Kein vordergründig spannendes, aber ein nicht-aus-der-Hand-legen-Buch.
Als
Zuglektüre ist es nur dann geeignet, wenn sich die Leserin nicht an den
Blicken der anderen Mitfahrer stört, oder sich soweit im Griff hat, um
nicht zwischendurch immer lauthals aufzulachen.
Meine Meinung zu diesem Buch:
Deutscher Krimibuchpreis von 1999.
Das klingt nach Spannung, Action, Nervenkitzel.
Dieses
Buch passt nicht so recht in die Krimischublade, sondern empfiehlt sich
für alle, die es gern kompliziert mögen – nicht unbedingt von der
Handlung, sondern von der Erzählweise.
Der Erzähler ist ein
Umstandskrämer, dazu noch einer mit wiener Dialekt in der Alltagssprache
der Arbeiter und kleinen Leute. Er kennt sich aus in den Tiefen der
menschlichen Seele. Für jede Handlung seiner Personen hat er eine
einleuchtende Erklärung parat. Er erklärt die Handlungsweise anhand von
Erlebnissen in der Vergangenheit, die dann zu dieser Kurzschlusshandlung
– oder was es auch immer gewesen sein mag – geführt haben. Dabei
vergisst er nicht, die (häufig unrühmliche) Rolle der übrigen Akteure zu
veranschaulichen.
Wolf Haas
Komm, süßer Tod
Verlag: Rowohlt
ISBN-10: 3499228149
ISBN-13: 978-3499228148