Unkraut oder Gemüse? Hier scheiden sich die Geister. Schon beim bloßen Wort werden einige Gartenbesitzer zusammenzucken.
Giersch, der treuste Freund der Gärtnerin.
Selbst wenn alle sie verlassen, der Giersch bleibt das ganze Gärtnerleben an ihrer Seite. Es soll Gärtner geben, die ihn als „mein Fußpilz“ titulieren, aber das halte ich für ein Gerücht. Viel schöner klingt doch „Kulturbegleitkraut“. Aus „Spontanvegetation“ als Bezeichnung für ein plötzlich aus der Erde schießendes Kraut sollte man lieber eine „Permanentvegetation“ machen. Wo der Giersch sich einmal festgesetzt hat, da bleibt er treu an seinem Standort.
„Zipperleinskraut“ weist darauf hin, dass Giersch als Heilkraut zur Linderung von Rheuma und Gicht genutzt wurde. „Ziegenkraut“ und „Hasenkraut“ zeigt an, dass es noch tierische Liebhaber gibt. In der Schweiz weist „Wuchschrut“ auf seinen unbändigen Ausbreitungsdrang hin.
Gierschernte – heute wandern nur die zarten Knospen mit wenigen Blättern in den Korb.
Zum Mittagessen kommt dieses treue Kulturbegleitkraut als grüne Gierschsauce (statt roter Tomatensauce) zu Spaghetti auf den Tisch. Auf den Giersch setze ich einen Klecks Schmand, während die übrigen Familienmitglieder Parmesankäse bevorzugen. Ich mag keinen Parmesan. Für mich schmeckt er wie schonmalgegessen. Mit Schmand kommt das eigenwillige Aroma viel besser zur Geltung.
Giersch hat sich bei uns als Saisongemüse etabliert. Er schmeckt nicht etwa neutral, sondern eher durchdringend nach Pastinaken, Petersilienwurzel oder ganz entfernt nach Möhren – ebenfalls Doldenblütler. Selbst wenn der Giersch bei uns im Frühjahr alle gefühlte zehn Tage auf den Tisch kommt, ist spätestens Ende Mai genug! Dabei lässt er sich vielseitig verwenden – im Brotteig, als Spinat, in Maultaschen, in Fleischklopsen, in Quarktörtchen, als Gewürzöl …
Mein Tipp: „Liebe Gärtner, nicht ärgern, sondern genießen.“
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