Hawaiier sind nicht nur intelligent, sie sind auch schlau.
Als Seefahrervolk wählen sie gezielt aus den verschiedenen Kulturen, mit denen sie in Kontakt kommen, das Nützliche aus.
Als Seefahrervolk sind sie unterwegs und kennen andere Kulturen.
Gleichzeitig kommen Vertreter anderer Kulturkreise auf ihre Inseln – nicht immer friedlich. Die Haiwaiier saugen diese Fähigkeiten – ihr Wissen und Können – gezielt auf. Dadurch sparen sie Ressourcen und müssen das Rad nicht neu erfinden. Aus dem Angebot nehmen sie sich das Beste und Praktischste heraus, was in ihre Weltanschauung passt.
Sie kleiden sie westlich, lassen sich sogar im Fotostudio ablichten.
Sie übernehmen die Uniformen der westlichen Einwanderer, schmücken sie aber mit einer Stickerei ihrer Taroblüten und Farnblätter aus.
Sie übernehmen mit Eifer die Schrift. Sofort optimieren sie das Alphabet auf ihre Lautsprache. Sie fügen ihm noch zwei Buchstaben hinzu, die nicht vorhanden waren.
Hawaii: Den Europäern und später den Amerikanern begegnen sie auf Augenhöhe.
Ihre Herrschaftspolitik ähnelt der europäischen. Der Adel begründet seine Herrschaft mit der göttlichen Abstammung und die Untertanen haben den Anweisungen des Adels zu gehorchen.
Schon James Cook empfangen sie 1778 auf hoher See mit kostbaren Gastgeschenken. Als der sich daneben benimmt, wird es selbst den toleranten Hawaiiern zu bunt. 1779 findet er vor der Küste von Hawaii seinen Seemannstod.
Ansonsten sind die Hawaiier nicht nachtragend. Später empfangen sie Otto von Kotzebue mit allen diplomatischen Ehren. Gäste wie Heinrich von Preußen, Sohn Friedrichs III, werden ebenso empfangen, Gastgeschenke ausgetauscht. Viele dieser Zeugnisse hawaiischer Kultur befinden sich heute noch in unseren Museen. Hawaiier unterhalten diplomatische Beziehungen nach England, Frankreich und selbst nach den einzelnen deutschen Ländern wie dem Königreich Württemberg.
Ihre Toleranz fremden Einflüssen gegenüber geht so weit, dass auch Nicht-Hawaiier in die höchsten Ämter bekleiden.
Diese Toleranz wird ihnen schließlich zum Verhängnis.
Dem Machtstreben und Landeinnahme der Europäer und Amerikaner sind sie schutzlos ausgeliefert. Seit dem 7. Juli 1898 gehört Hawaii als 50er Bundesstaat zu den Vereinigten Staaten von Amerika.
Dagegen mehrt sich seit den 70-Jahren des letzten Jahrhunderts der Widerstand.
Leider findet er nicht so viel Gehör.
Nach Art der Hawaiier ist er nicht laut und aggressiv, sondern leise und diplomatisch.
Verkürzt lasst sich die Geschichte Hawaiis so auf den Punkt bringen:
Der Klügere gibt nach.
Solange, bis er der Dümmere ist.
Hawaii: Ureinwohner sind Meister der Integration
Die Hawaiier haben sich als Meister der Integration erwiesen, indem sie geschickt aus verschiedenen Kulturen das Beste für sich auswählen. Ihre Toleranz gegenüber fremden Einflüssen hat jedoch dazu geführt, dass sie schutzlos gegenüber dem Machtstreben der Europäer und Amerikaner waren. Trotz des Widerstands seit den 70er Jahren bleibt die Situation unverändert. Die Geschichte Hawaiis ist ein Beispiel dafür, wie die Klügeren manchmal nachgeben müssen, bis sie selbst die Benachteiligten sind.
Hawaii erweitert das Alphabet um zwei neue Buchstaben
Ich möchte Ihnen von einer faszinierenden kulturellen Entwicklung erzählen, die sich vor rund 200 Jahren auf den Inseln Hawaiis ereignete. Als europäische Seefahrer und Missionare die hawaiische Kultur betraten, brachten sie nicht nur neue Ideen und Technologien mit sich, sondern auch eine ganz besondere Fähigkeit – die Schrift. Lesen, schreiben, rechnen – diese Fähigkeiten haben die Hawaiier von den Europäern übernommen. Sie nehmen sich das Beste heraus, was sie für ihre Zwecke gebrauchen können.
Hawaiier optimieren das Alphabet auf ihre Lautsprache.
Die Hawaiier erkannten schnell, dass die Schrift eine einzigartige Möglichkeit bot, ihre reiche Tradition und ihr Wissen in einer neuen Form für die Nachwelt zu bewahren. Bisher hatten sie ihre Geschichten und Mythen mündlich überliefert oder in Form von Liedern und Tänzen dargestellt. Doch nun konnten sie ihre Sprache in Schrift übersetzen und somit eine weitere Dimension der Verständigung erschließen.
Um ihre Sprache in Schriftform zu übertragen, wandeln sie das Alphabet ab. Für ihre Lautsprache benötigen sie lediglich die Hälfte der Buchstaben, also 13 von 26. Dafür erweitern sie das Alphabet um zwei Buchstaben, die es nur auf hawaiisch nur gibt. Der erste ist ein kleiner Trennstrich, der den nachfolgenden Vokal mit einem winzigen Kiekser aussprechen lässt. Der zweite ist ein waagerechter Strich über einem Vokal, der diesen verdoppelt und für ein Stakkato sorgt.
Hawaii: Schreib- und Leseboom
Diese kulturelle Entwicklung kommt bei den Hawaiiern so gut an, dass Mitte des 19. Jahrhunderts prozentual mehr Hawaiier das Schreiben und Lesen beherrschen als Amerikaner. Auch das Bildungssystem auf Hawaii entwickelte sich rasant. Es entstanden Schulen, wie aus Mathematik-Lehrbüchern für Kinder aus dem Jahr 1837 hervorgeht. Immerhin beträgt die Auflage 12.000 Bücher.
Mit einem Englisch-Hawaiischen Wörterbuch lernen die Schüler die Fremdsprache.
Die hawaiische Sprache scheint etwas umfangreicher und blumiger zu sein. Die Übersetzung des alten Testaments erzeugt weitaus mehr Seiten als in anderen Sprachen üblich.
Die Begeisterung für die Schrift schlägt hohe Wellen. Bald existieren 70 Zeitungen – eine beeindruckende Zahl, wenn man bedenkt, dass Hawaii zu dieser Zeit noch ein relativ kleines Land war. Zum Vergleich: Wie viele Zeitungen gab es zu dieser Zeit in Deutschland? Einem Land, in dem die Schrift seit dem Mittelalter bekannt ist.
Flugs entsteht eine eigene hawaiische Literatur.
Lilliuokalanis, die letzte Königin von Hawaii, verfasst ihre Biografie. Sie beschreibt darin, welche Umstände zu dem Sturz der Monarchie führten.
Aus ihrer Sicht sieht die amerikanische Einverleibung der Inselgruppe Hawai’i von 1893 anders aus, als sie in amerikanischen Geschichtsbüchern dargestellt wird.
Zusammenfassend lässt sich sagen
…dass die Einführung der Schrift auf Hawaii zweifellos ein Wendepunkt in der Geschichte dieser faszinierenden Kultur war. Sie ermöglichte den Hawaiierinnen und Hawaiier, ihre Traditionen und ihr Wissen auf neue Weise zu bewahren und weiterzugeben. Sie eröffnete ihnen Bildungsmöglichkeiten und eine eigene literarische Stimme. Lasst uns diese Errungenschaften würdigen und uns daran erinnern, wie wichtig die Schrift als Medium der Verständigung und des kulturellen Austauschs ist.
Hawaii: vielseitige Haifischzähne – Werkzeuge und Waffen
Menschen in Hawaii betrachten den Hai, der vor ihren Inseln herumschwimmt, als Delikatesse und Werkzeuglieferanten. Begehrt bei den Hawaiiern sind die Waffen des Hais, nämlich seine Zähne.
Haifischzähne dienen als vielseitige Werkzeuge.
Sie sind spitz, scharf und hart, widerstehen Laugen, Säuren, Alkohol und den Einflüssen der Witterung.
Mit Leichtigkeit ritzen sie Rillen in Holz. Haifischzähne eignen sich zum Sägen weitaus besser als Metall, das die Eroberer mitbrachten.
Und das Beste: Sie bleiben immer scharf. Kein Nachschleifen nötig. Das macht die scharfen, spitzen Haifischzähne zu unverzichtbaren Werkzeugen für die Menschen auf Hawai’i – unentbehrlich für Kerbwerkzeuge, Feilen, Sägen.
Multifunktionale Arbeitsgeräte
Ein Holzbrett mit Handgriff ist für sich genommen eine Patsche, mit der etwas flach geschlagen werden kann. Doch mit scharfen Haifischzähnen entlang des Holzrandes wird es zu einem effektiven Sägewerkzeug. So werden Rinden zu Baststoffen platt geschlagen. Sollte es einmal brenzlig werden, kann so ein Haushaltsgerät schnell zu einer wirkungsvollen Waffe umfunktioniert werden.
Den Hai mit seinen eigenen Waffen schlagen.
Aber die Ironie des Ganzen? Eines seiner Zähne steckt in der Spitze eines kinderarmgroßen Angelhakens, mit dem – na was wohl? Mit dem die Haie gefangen werden.
In Hawai’i haben die Menschen gelernt, den Hai nicht nur als Bedrohung zu sehen, sondern auch als Partner im täglichen Leben. Sie haben gelernt, seine Zähne als Werkzeuge zu nutzen und ihn sogar mit seinen eigenen Waffen zu schlagen.
Hawai’i – Königliche Inseln im Pazifik
Herzlichen Dank für die fachkundige Führung der Ausstellung im Lindenmuseum in Stuttgart
Hawai’i – Königliche Inseln im Pazifik
Der Katalog zur Ausstellung ist übrigens noch im Museumsshop erhältlich
durch den Kurator Dr. Ulrich Menter, der sich immer wieder bremsen musste. Gern hätte er mehr über die hawaiische Kultur und Lebensart erzählt.
… wenn, ja wenn er mehr Zeit zur Verfügung gehabt hätte.
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