St. Annen Museum in Lübeck: Triptychon heißt das dreiflügelige Bild hinter dem Altar, das die Leiden Christi zeigt. Und zwar so, dass es auch diejenigen verstehen, die mit der Sprache Schwierigkeiten haben.
Prachtvoller Triptychon mit den 12 Stationen des Kreuzweges
Ein besonders prachtvoller, geschnitzter Triptychon stellt die 12 Stationen des Kreuzweges dar. Durch Frau Dr. Täubes Erklärungen wird er lebendig. Hätte sie es nicht verraten, wäre wohl kaum jemand darauf gekommen, dass das 11. und 12. Bild in der Reihenfolge vertauscht ist.
Teilweise wirken die Darstellungen recht menschlich. Christus möchte am liebsten aussteigen, als die Soldaten mit Speeren und Dolchen hinter ihm her sind. Ein Bein hat er schon draußen. Aber wie jede weiß, die im Konfirmandenunterricht oder in der Vorbereitung zur heiligen Kommunion aufgepasst hat, packt er es nicht. Die Geschichte verläuft anders. Er wird ans Kreuz gebracht.
Triptychon: Der Weg von der Party-Queen zur Büßerin und Beterin
Nicht nur der Leidensweg Christi, auch die Läuterung – derjenigen, die später heilig gesprochen werden – sind im Triptychon verewigt. Bis zum Boden reichen die goldenen Haare einer Frau, die sich für längere Zeit in die Wüste zurückgezogen hat. Ihre Locken bedecken den ganzen Körper. Lediglich die Knie sind aufgescheuert vom Knien und Beten. Engel umschwirren sie.
Das war nicht immer so. Vorher führte sie ein ausschweifendes Leben in Saus und Braus, von einem Fest zum anderen. Diese Umkehr ist den Stiftern ein Triptychon wert.
Triptychon und edle Spender
So ein Triptychon ist aufwändig und teuer. Malerei oder Schnitzerei sind häufig mit echtem Blattgold dekoriert. Das stellt etwas dar. Für die reichen Kaufleute der Hanse ist die Stiftung eines Altarbildes einerseits eine Opfergabe. Sie erhoffen sich, durch diese Spende am Fegefeuer vorbei zu schlittern. Denn selbst einem ehrbaren Kaufmann kann im Laufe seines Lebens auch mal ein Ausrutscher passieren – wenn ein Geschäft gar zu günstig auf dem Wege liegt. Andererseits ist es eine Werbemaßnahme.
An der Prachtentfaltung des Bildes können Kirchgänger den Reichtum des Stifters ersehen. Denn wer das Bild bestellt, wird dabei abgebildet, und zwar mit der ganzen Familie. Kleidung aus Goldbrokat, die Kinder mit Steckenpferd oder beim Abknabbern einer Hähnchenkeule oder der Trunk aus einem orientalischen Gefäß. Die Weintraube wie ein Zepter in der Hand des Hausherrn – eine im Mittelalter wohl seltene Frucht.
Hunde spielen eine große Rolle. Der – von chinesischen Prinzessinnen geliebte – Mops als Schoßhündchen muss mit aufs Bild. Er macht sogar brav Männchen.
Der deutsche Dackel, auch bekannt unter dem Namen Wadenbeißer, verbeißt sich hier lediglich in den sorgfältig drapierten goldenen Umhang des Kindes.
Triptychon: Auferstehung wie im Comic
Der gemalte, dreiflügelige Altar ist mein ausgesprochener Liebling.
Ein Felsengrab vor dem Hintergrund von Burgen und Bergen, die den Lübeckern zwar fremd, aber doch irgendwie bekannt vorkommen. Die in Tücher gewickelte Leiche wird unten in die Grabkammer getragen und schwebt als heiliger Geist aus dem Loch in der oberen Etage wieder raus.
Auferstehung im Bild, ohne Worte – wie im heutigen Comic.
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