Schlagwort: Andonis Foniadakis

  • ♫ Ballett: Grande Dames bei Gauthier Dance

    ♫ Ballett: Grande Dames bei Gauthier Dance

    Theaterhaus Stuttgart: Zwei Ballett-Uraufführungen von Frauen, zwei von Männern choreografiert, jedoch von großen Choreografinnen2b83939fb9e846728ca5939544c4f138 inspiriert. Das Verhältnis steht also 4 Frauen : 2 Männern.

    • Helena Waldmann lässt die Pferde tanzen → We love horses
    • Virginie Brunelle thematisiert Beziehungsprobleme nach dem Rhythmus des Herzschlags → Beating
    • Marco Goecke zeigt die Qual eines verklemmten Mannes vor einer Beziehung, die noch in den Startlöchern wartet → Infant Spirit
    • Eric Gauthier und Andonis Foniadakis stellen die Tänzer unter Hochspannung → Electric Life

    We love horses: Getanzte Sozialkritik für UmdieEckeDenker.

    „Wir lieben Pferde“ betitelt die Tanzregisseurin Helena Waldmann ihre originelle Sozialkritik. Wir lieben Dressur, wäre der treffendere Titel. In diesem Stück geht es um Abrichtung, mit Peitsche und allem pipapo.
    Ausgestattet wie Zirkuspferde strecken die Tänzer ihre umgeschnallten prallen Hinterbacken gern dem Publikum entgegen. Den Kopf ziert eine lange Fasanenfeder, die bei jeder Bewegung zittert. Sie galoppieren auf der Stelle, dass die Gesäßhälften nur so wackeln.

    Dazwischen kommen einige Runden Dressur. Pferde preschen auf Befehl vor und zurück, drehen sich eifrig um die eigene Achse, sogar mit einem oben stehenden akrobatischen Reiter. In der Halbzeit wird gewechselt. Die Pferde werden zu Reitern und befehlen die einzelnen Kunststücke. Ross und Reiter werden brutal korrigiert vom Kontrollpferd, das mit einem langen Stock die Haltung reguliert. Die Peitsche des Oberpferdes schwebt über allem.
    Helena Waldmann betrachtet es als Gleichnis für unser Bestreben, sich sämtlichen Gesetzen zu unterwerfen. Wir lieben es, uns von anderen herumkommandieren zu lassen. Wir lieben es, andere an die Kandare zu nehmen. Wir lehnen uns nicht gegen die Peitsche auf, die uns zu weiteren Taten anspornt. Getanztes politisches Statement zum Thema Verordnungen und Gesetze.

    Beating: Virginie Brunelle thematisiert Beziehungsprobleme, getanzt nach dem Rhythmus des Herzschlags.

    Einseitige Kontaktaufnahme über die Bühnenbreite. Einer macht sich bemerkbar, der andere ignoriert ihn, obwohl er lacht und lockt. Er schlägt Purzelbäume, zeigt ein Gorilla-ähnliches Imponiergehabe, fuchtelt mit den Armen, dreht sich wie wild, umarmt mehrmals seinen Angebeteten und rutscht jedesmal erschöpft auf den Boden. Der andere scheint ihn nicht zu bemerken.

    Zwei Menschen nähern sich einander. Frauen schmeißen sich an Männer, Männer schmeißen sich an Frauen, Paare kommen zusammen und trennen sich abrupt, dass nur noch fliegende Beine zu sehen sind. Ein Annäherungsversuch folgt dem anderen. Sie kommen und trennen sich im Rhythmus des Herzschlags.

    Infant Spirit: Solostück von Marco Goecke, inspiriert von Pina Bausch.

    Verzweiflung bis Selbstzweifel sind die großen Themen der legendären Choreografin Pina Bausch. Marco Goecke schickt einen übernervösen Tänzer auf die Bühne, der sich in Goecke-Manier selbst unter Druck setzt. Er zittert an den Fingern, an den Armen und Beinen. Er umarmt sich und tanzt wirbelnd über die Bühne. Fast am Schluss lässt er die Augen sprechen, dass man Angst bekommt, das Weiße fällt heraus. Im letzten Takt wird seine Nervosität aufgelöst. Er holt eine Blume heraus und steckt sie sich ans Revers – glückselig lächelnd. Es ist also nichts weiter als ein ganz normales Verliebtsein. Er wartet auf das erste Rendezvous und spielt sämtliche Möglichkeiten durch – von inniger Umarmung bis zum Abgewiesen werden.

    Electric Life – die mit den Leuchtstangen tanzen.

    Überlaute elektronische Musik mit ständig unter Strom stehenden Tänzern widmen Eric Gauthier und Andonis Foniadakis der kanadischen Tänzerin Louise Lecavalier.
    Bis heute wirkt der Eindruck nach, den sie bei dem jungen Ballettschüler Eric Gauthier hinterlassen hat. Louise Lecavalier revolutionierte den Tanz, statt elegant auf Spitzen, begeistert sie mit kräftigen Sprüngen. Besonders hat dem jungen Ballettschüler gefallen, dass sie Männer stemmen kann. Sie dreht sich nicht senkrecht, sondern waagerecht.

    Der Tanz auf der Theaterhaus-Bühne passt zum Beat. Elektrisiertes Leben – wild, aufgestachelt, mit fliegenden Haaren, ekstatisch. Abgehackte Bewegungen, laute Musik, Wirbel auf der Bühne.
    Sie tanzen mit den Leuchtstangen, bilden Formationen. Gitter lösen sich zu Sternen auf. Wenn die Leuchtstangen flackern, zittern die Tänzer. Discotanz in Reinkultur. Discotanz, von dem normale Discobesucher nur träumen.

    Beat in voller Lautstärke bestimmt den akustischen Teil das Abends.

    Für Beat-Rock-oder-wie-immer-es-heißen-mag-Banausen klingt jedes Musikstück gleich – nämlich geräuschvoll. Wer Ballett liebt, aber nicht die wummernden Bässe, hat mit Ohrenschützern mehr von der exzellenten Aufführung.

     

    Mehr über Choreographen:

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  • Ballett: 10 Jahre Gauthier Dance – BIG FAT TEN

    Ballett: 10 Jahre Gauthier Dance – BIG FAT TEN

    Die Ballett-Kompanie Gauthier8ca4ea87e8034248827c4e6616d97cf9 Dance feiert in Stuttgart im Theaterhaus ihr 10-jähriges Bestehen mit Choreographien von sieben unterschiedlichen Choreographen.

    Ein humorvolles Bühnenstück steuert Eric Gautier  bei: „Ballet 102“

    Barbara Melo Freire und Theophilus Veselý
    Foto Regina Brocke

    Die Tänzer Barbara Melo Freire und Theophilus Veselý setzen gekonnt die 102 Positionen des klassischen Pas de Deux um – nicht zum Mitschreiben, sondern im Sekundentakt. Eric Gauthiers Stimme zählt aus dem Off. Das allein ist schon sehenswert. Dann folgt die Positionen in Zahlen bunt durcheinander. Beide Tänzer reagieren schnell auf Zuruf, selbst wenn einige Zahlen doppelt angesagt werden. Dann wirkt es wie der sichtbare Knax in der Schallplatte – jedoch leicht, virtuos, elegant.
    Obwohl Eric Gauthier lediglich einige Eingangssätze sagt und ansonsten Nummern aufzählt, ist er schwer zu verstehen. Scheppernde, hallige, übersteuerte, lautstarke Töne lassen die Worte eher ahnen als wahrnehmen.

     

    Nachmittag eines Fauns – Ballett-Klassiker neu interpretiert.

    w.Faune 0314 ReginaBrocke
    Foto Regina Brocke

    Zwei Stierhörner ragen nach beiden Seiten der „Narrenkappe“ heraus, die der Faun (Anna Süheyla Harms) auf seinem Kopf trägt. Jeweils ein Ober- und ein Unterschenkel ist sowohl behaart als auch muskulös ausgepolstert. Federnd bewegt er sich mit diesen Sprungbeinen, als liefe er auf einem Gummibelag – immer hin und her. Das stimmungsvolle Lichtdesign von Alain Lortie setzt eine eigene Note, ebenso das ägyptisch angehauchte Tanzen im Profil. Es sieht ganz so aus, als ob er sich langweilt. Als er schließlich einen seiner Hörner abbricht und ihn als Penis einsetzt, lebt er auf. Mit einem plötzlich knallroten Penis probiert er die Funktion an diversen Lichtstrahlen, bis er schlussendlich eine Luftkopulation vollbringt. Die Choreographin Marie Chouinard setzt damit augenzwinkernd die wohl skandalträchtigste Choreographie von Nijinski um – „Prélude à l’après-midi d’un faune“ von Claude Debussy. Statt liebestrunkenen Faun platziert sie die Luftnummer eines pubertierenden Fantasy-Jünglings ans Ende.
    Diesen „Nachmittag eines Fauns“ tanzen zur Zeit ebenfalls Mitglieder des Stuttgarter Balletts. In der Oper bekommt der Faun sogar eine Nymphe als Gespielin. Absolut sehenswert sind beide Tanzversionen. In der Oper Stuttgart allerdings spielt die Musik in Echtzeit aus dem Orchestergraben – welch ein Unterschied, wenn Bewegung und Musik eine Einheit bilden!

    Quicklebendiges Violoncello

    Balletttänzer: Maurus Gauthier, Sandra Bourdais
    Foto Regina Brocke

    Noch deutlicher macht sich die Schere zwischen Musik und Ballett in der humorvollen Choreographie „Violoncello“ von Nacho Duato bemerkbar. Ein Tänzer (Maurus Gauthier) schwingt als Cellist den Bogen, während dir Tänzerin (Sandra Bourdais) den Part de Cellos übernimmt. Sie dreht sich auf der Spitze, fällt ihm auf, über, nebens Knie und gebärdet sich ziemlich widerspenstig für ein Instrument. Versucht das Cello zu fliehen, hält der Cellist es zurück, streicht energisch den Bogen, aber selten an der richtigen Stelle – genau wie im richtigen Leben eines Cellisten. Aus dem LAUTsprecher ertönt Bachs Suite für Violoncello Solo Nr. 1 G-Dur. Das Cello singt nicht, es poltert und dröhnt. Diese unnatürliche Lautstärke passt absolut nicht zu der zarten Tänzerin mit ihren geschmeidigen Bewegungen. Ihr – und dem Publikum – wünsche ich eine Begleitung mit einem Cellisten, aber in Echtzeit und nicht aus der Konserve.

    Sondervorstellung für Schwerhörige?

    Die Lautstärke im letzten Stück „Streams“ von Andonis Foniadakis erschlägt den Tanz. Die Musik von Julien Tarride breitet sich derart aufdringlich im Raum aus, dass das Ende schon fast als Erlösung aufgefasst werden kann.
    Wie Eric Gauthier anfangs erzählte, hatte er vor 10 Jahren viele Ideen im Kopf, genug Überzeugungskraft und Hartnäckigkeit. Damit fand er Menschen, die an ihn glaubten und ihn bis hierher unterstützten. Vielleicht wird es Musiker in einer ähnlichen Situation geben, mit der gleichen inneren Energie und Unterstützung von außen. Was wäre, wenn exzellente Tänzer und leidenschaftliche Musiker ein unvergleichliches Ensemble bilden? Nicht zu toppen!

     

     

     

     

    Weitere große Choreographen:

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