Schlagwort: Spießig

  • ✍ Hörbuchtipp: Steppenwolf von Hermann Hesse – aus der Distanz betrachtet

    ✍ Hörbuchtipp: Steppenwolf von Hermann Hesse – aus der Distanz betrachtet

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    In den 70-er Jahren war der f371a9beaf164759913e3a2bff721c7aSteppenwolf das Kultbuch der rebellischen Jugend und der Hippiebewegung. Hermann Hesse beschreibt darin einen Mann mit einer gespaltenen Persönlichkeit, der sich als Doppelwesen in zwei verschiedenen Körpern sieht.
    Mal ist er der angepasste Harry Haller, der die Ordnung und die Spießigkeit der kleinen Leute liebt. Mal sieht er sich als Steppenwolf, der den braven Harry Haller zu allerhand bösen, unmoralischen und ungesetzlichen Taten anstiftet. Das geschieht immer dann, wenn sich Harry im Kleinbürgertum richtig wohl fühlt.
    Der Kulturmensch Harry liebt Mozart und andere klassische Musik. Er verehrt Goethe und beschäftigt sich mit Literatur und Philosophie. Täglich studiert er seine Bücher. Außerdem schreibt er über pazifistische Gesellschaftsformen. Seine in Zeitungen veröffentlichten Artikel lösen allgemeine Empörung aus.
    Eines Tages trifft er Hermine, die ihn an seinen Klassenkameraden Hermann erinnert. Hermine reicht ihn weiter an ihre Kollegin Maria, die Ausgehen, Tanzen, Luxus und außer ihm noch andere Männer liebt. Besonders liebt sie Pablo, der Harry in die Freuden und Qualen des Opiumrauchens einführt. Das endet mit einem Mord, der dann keiner war – oder vielleicht doch?
    Die ausführliche Beschreibung des Opiumrausches und er sexuellen Freiheit waren wohl die Punkte, die besonders bei Aussteigern auf dem Selbstfindungstripp wirkten. Allgemeine Rebellion gegen das herrschende Moralverständnis sowie gegen die bestehende Ordnung symbolisieren die 70-er Jahre. Experimentierfreudige Individualisten sammelten Erfahrungen mit Rauschgift, von denen einige später wieder loskamen, andere zugrunde gingen. Es war die große Zeit der Kommunen und der Aussteiger. Eines hatte Hermann Hesse ihnen voraus. Er war in Indien, lange bevor die große Bhagwanwelle einsetzte.
    Aus der Distanz betrachtet verliert das Buch deutlich an Brisanz. Wo hört man heute noch den damals oft geseufzten Satz: „… also eigentlich bin ich ja ein Steppenwolf.“

    Aufgeteilt ist das Buch in einen Vorspann, in dem der Neffe von Harrys Zimmervermieterin seine Beobachtungen mitteilt. Nach dieser Erklärung folgt das Tagebuch von Harry Haller, das plötzlich abbricht und dem Hörer die Schlussfolgerung überlässt. Die Einführung spricht Hans Peter Hallwachs. Seiner Stimme merkt man deutlich das Erstaunen an über das, was kommen wird. Er weiß nicht so recht, ob es Traum oder Wirklichkeit ist.
    Zurückhaltend klingt Harry, gesprochen von Sylvester Groth. Wie aus einem Hochsitz heraus spricht er den Text. Ein Beobachter, der es den Hörern überlässt, ihre Schlüsse zu ziehen.
    Von einer alten amerikanischen Taschenbuchausgabe stammt das gelungene Titelbild  in den auffälligen Farben Schwarz/Weiß/Rot. Der schwarze Januskopf erinnert an einen Scherenschnitt. Zur einen Seite schaut ein freundlicher Mensch, zur anderen Seite ein geöffnetes Wolfsmaul mit Reißzähnen. Die Stirn des Mannes wird zum aufgestellten Ohr des Wolfes. Dazwischen leuchtet mit roter Pupille ein Auge, das sowohl zum Menschen als auch zum Tier passt.

    Der Steppenwolf MP3 CD – Audiobook, MP3 Audio, Ungekürzte Ausgabe von Hermann Hesse | Sylvester Groth, Hans Peter Hallwachs (Sprecher) | der Hörverlag (14. Juli 2014)

    Noch mehr Nächte:

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  • ♀ 8ung Testfahrerin! VW Beetle TDI: Ein Käfer macht noch keinen Volkswagen

    ♀ 8ung Testfahrerin! VW Beetle TDI: Ein Käfer macht noch keinen Volkswagen

    b70c1a889d06499294456599d86714aeEs macht Spaß, immer etwas Neues zu probieren. Deshalb schlucke ich die Kröte und nehme den VW Beetle TDI als Herausforderung an. Meine Teststrecke beträgt zweimal  330 Kilometer Autobahn und 10 Kilometer An- und Abfahrt. Würde ich dieses Auto nur aus den lustigen Trickfilmen kennen, würde ich jetzt sicher einen freudigen Luftsprung machen.

    VW Beetle TDIKÄFER – das stand in meiner Jugend als ein anderes Wort für Spießigkeit hoch zehn, samt röhrendem Hirschen über dem Wohnzimmersofa und gehäkelter Klopapierhaube auf der Hutablage. So hieß das Brett unter der Heckscheibe, selbst als keiner mehr freiwillig einen Hut aufsetzte. Schon damals galt der Käfer als ein „altes“ Auto mit altbackenem Rentnerimage. Berüchtigt war der Käfer für seinen weit ausladenden Wendekreis. Böse Zungen behaupten sogar, der Kreisverkehr wurde seinetwegen erfunden.

     Beetle oder Käfer?

    Der Sitz lässt sich gut einstellen. Aber alles rücken nach vorn, hinten, sogar oben und unten nützt nichts – es will und kann nicht passen. Die Nackenstützen bleiben zwei Zentimeter über dem Sitz stehen und lassen sich nicht weiter in die Rückenlehne hineinschieben. Lehne ich mich an, wird mein Hinterkopf nach unten gedrückt – die typische Doppelkinnstellung. Um auf die Straße zu sehen, muss ich mich aufrecht hinsetzen und den subergonomischen Hinterkopfbeuger überlisten. Ein Kissen in der klaffende Lücke zwischen Rücken und Rückenlehne mildert zwar die Haltung; länger als zwei Stunden halte ich es trotzdem nicht aus – danach hilft nur noch Massage und Gymnastik gegen Genickstarre und Rückenschmerzen.
    Die „Rückbank“ lässt sich nach wie vor nur über zurückgeklappte Vordersitze erklettern. In Zeiten, als noch niemand an Sicherheitsgurte dachte, beherbergte diese Wanne bis zu fünf Kinder, die auf dem Schoß von Oma und Opa saßen.
    Mit dem Rückspiegel kommt der nächste Schock. Der scheint vom Miniausmaß her original zu sein. Jetzt fehlt nur noch die Mittelrippe, schon ist das Rückfenster-Gefühl des Urkäfers komplett.

     

    Vieles ähnelt dem Golf.

    Siehe -> 8ung Testfahrerin! VW Golf Variant 77
    Die Lüftung funktioniert einwandfrei ohne störendes Gebläse. Leider gibt es sowohl beim Licht als auch beim Scheibenwischer keine Automatik wie beim Golf. Das Licht habe ich, wegen der zahlreichen Tunnel auf der Strecke, gleich angelassen, und die Scheibenwischer durfte ich in allen Stärken ausprobieren. Sie schafften es sogar, die durch einen Schwarm tieffliegender Vögel bekleckerte Scheibe sauber zu putzen. Den Schalter für den Heckscheibenwischer suchte ich vergebens. Auch der Beifahrer fand nichts in der Betriebsanleitung. Kein Wunder; es gibt zwar eine beschlagene und fast undurchsichtige Heckscheibe, aber keinen Scheibenwischer.
    Im Unterschied zum Golf-Benziner zieht der Beetle-Diesel deutlich besser und schluckt deutlich weniger.  Für eine Strecke von fast 700 Kilometern verbrauchte der Beetle 36 Liter Diesel für 52 Euro, also circa 5 Liter auf 100 Kilometer.

    Große Klappe und nichts dahinter.

    VW Beetle TDIGerade mal ein Minikoffer, ein Wäschesack und eine Gemüsekiste haben im Kofferraum Platz. Dafür reicht die Klappe aber so hoch, dass ich zum Zuklappen hochspringen muss. Geschlossen wird sie mit einem festen Knall – genau wie früher (da musste man sich manchmal noch auf die Kühlerhaube setzen, damit sie einschnappte). Dass sie fest geschlossen werden muss, habe ich aber leider erst nach der Pause bemerkt. Solange noch etwas geöffnet ist, zeigt der Autoumriss im Cockpit an, wo – in diesem Falle am hellen Hinterteil. Nach dem festen Zuklappen ist der Autoumriss verschwunden und ich sehe plötzlich an dieser Stelle die Uhrzeit und die gefahrenen Kilometer.

     

    Von diesem Auto kommt das Vorurteil: Frauen können nicht einparken – und zwar mit Recht!

    Frauen sind selten (Sitz) Riesen. Die Fenster sind extrem hoch angesetzt, die Heckscheibe immer noch kleiner als üblich und dazwischen behindert ein  Karosserieteil die Sicht – somit konnten die wenigsten Frauen die Straße sehen. Auch ich durfte die Zuschauer – besonders die männlichen – mit Einparkkünsten erfreuen. Sogar noch mit 2x Vorwärts- und Rückwärtsfahren, bis die aufgeblasenen Kotflügel endlich die Parklücke füllten.

    Eine Spielerei gibt es noch, die ich allerdings nicht ausprobiert habe.

    In einer Funktion kann die Geschwindigkeit gehalten werden. Sicher, es ersetzt den früher üblichen Ziegelstein auf längeren Fahrten, als das Gaspedal noch schwer nach unten getreten werden musste. Damals fuhren höchstens fünf Autos auf einem Kilometer Strecke und alle im gleichen Tempo. Wo sollte frau denn heute so etwas einsetzen? Auf meinen Autobahnstrecken kann ich kein gleichmäßiges Tempo einhalten, ohne die anderen Verkehrsteilnehmer zu gefährden.

     

    Wie viel Käfer steckt im Beetle?

    Von Weitem sieht er aus wie der Urporsche. Wem es darauf ankommt, nach außen zu wirken, hat die richtige Wahl getroffen. Im Grunde genommen ist vom alten Käfer lediglich die Karosserie übrig geblieben als gelungenes Beispiel für die These, dass früher durchaus nicht alles besser war. Möge dieser Brummer fortan an mir vorüberziehen.

     

    Testfahrerin:

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