Stuttgart: Zeitgenössischer Tanz, Performance und eine Hörspiel-Lesung eigener im Werke im Kunstverein unter dem Hirschen.
Faszinierend ist der Paarlauf mit dem bezeichnenden Namen „runner’s high“.
Zwei Läuferinnen (Pascale Utz und Natascha Moschini) bewegen sich im Gleichschritt über den Skulpturenhof. Sie teilen sich ihre Energie ein so wie Langstreckenläufer es tun, denn die Performance dauert eine gefühlte halbe Stunde. Obwohl sie nichts anderes machen, als im Gleichschritt zu laufen, kommt keine Langeweile bei den Zuschauern auf. Mit stoischem Gesichtsausdruck drehen sie ihre Runden. Im gleichen Rhythmus laufen sie mal langsamer, mal schneller nebeneinander her. Mal macht die eine größere Schritte, damit beide gleichmäßig einen Bogen beschreiben können. Mal läuft die eine vorwärts, die andere rückwärts, um sich bald wieder nebeneinander zu finden. Dabei schauen sie sich nicht an, sondern meist nach vorn. Einmal starren sie synchron zur Seite, als ob da etwas interessantes zu sehen wäre. Sie laufen um des Laufens willen. Sie werden langsamer und humpeln sogar – immer im Gleichschritt. Aber schon bald wird ihr Schritt strammer und die Lauferei gleichmäßiger. Nur einmal, fast am Schluss, tritt eine Läuferin auf der Stelle. Die andere umrundet sie so lange, bis sich die Lustlose wieder anschließt. Und schon beginnt ihre Passion von Neuem – sie können nicht anders.
… und wenn sie nicht gestorben sind, dann laufen sie noch heute.
BMX-Coaching – ganz im Gegenteil agieren die Radfahrer.
Zwei Räder stehen Kopf. Zwei Frauen in engen schwarzen Lederkleidern befühlen Reifen mit den Haaren, setzen Pedalen ohne Beine und Hände in Bewegung. Drücken mit der Stirn die Hinterreifen platt, die Hände auf dem Rücken. Weiter geht es pantomimisch. Natascha Moschini sitzt noch fest im Sattel auf einem unbeweglichen Rad. Ab und an stößt sie Laute der Anstrengung aus und rutscht dabei millimeterweise aus dem Sattel, bis sie schließlich auf dem Hinterrad landet.
Daniela Ruocco liegt auf dem Rücken, die Füße an den Pedalen des Rades. Ein Gefühl von verkehrter Welt. Sie zeigt die Bewegung, oder besser gesagt, die Standfestigkeit einer Radlerin, wenn sie auf der Stelle steht – einschließlich des Muskelkrampfes am Ende.
Glucksen im Bauch bei den Zuschauern!
Beide Performances umrahmen die Lesung von Jurate Braginaite.
Nicht nur akustisch ist sie schwer zu verstehen. Es handelt sich um Gedankensplitter – fragmentarisch. Dazwischen vernimmt man in kurzen Abständen etwas von Krankheit, Bett, Schmerzen, Arzt. Alles, was einer Person, die im Bett liegt, so zwischen Schmerzschüben einfällt – einfach so, ohne Zusammenhang.
Sechsunddreißigtausend – Installative Performance – 23. bis 25. September
Fotos (c) Martin Sigmund
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