
Ballettabend mit zwei Uraufführungen am 07. Juli 2010 im Schauspielhaus Stuttgart
Die Werke dieser drei Choreographen stehen für den Facettenreichtum des modernen Tanzes. Alle Drei sind auf der Suche nach einer neuen Formensprache, die sich vom klassischen Ballett abhebt.
- Es ist immer schön, eine Inszenierung oder Choreographie noch einmal zu sehen. Was hat sich verändert, wenn das Stück eingespielt ist?
Yantra, Uraufführung, Choreographie Wayne McGregor
Auf der Bühne schwingt an der Rückwand ein Riesenpendel; lässt Halbkreise an der Wand zurück.
Eine fliehende Tänzerin setzt zum Sprung an und wird im Fluge abgefangen. Das große Thema scheint die Konkurrenz um Frauen zu sein. Das führt sogar zu einer Prügelszene zwischen zwei Tänzern. Stark ist dieses Ballett in den Solonummern. In den Szenen mit dem Corps de Ballett dagegen sieht es aus, als hätten sich zufällig Tänzer zum Training getroffen, in ihren weißen Boxershorts und weißen T-shirts. Jeder absolviert für sich ein paar Übungen mit Spaß an der Bewegung. In diesen Szenen dröhnt die Musik sehr laut. So laut, dass man die Ohren schließen möchte.
Musik Esa-Pekka Salonen Foreign Bodies
Uraufführung 07. Juli 2010, Stuttgarter Ballett
Besetzung
Alicia Amatriain, Elisa Badenes, Maria Eichwald, Oihane Herrero, Alessandra Tognoloni, Angelina Zuccarini, Daniel Camargo, Alexander Jones, Evan McKie, Marijn Rademaker, Jason Reilly, Alexander Zaitsev
- Siehe: Mit dieser Choreographie kann ich mich immer noch nicht anfreunden…
Pocket Concerto, Choreographie Edward Clug
Körperdisziplin bis in die Fingerspitzen
Am Anfang geht der Vorhang nur bis Kniehöhe auf. Ein Tänzer, später ein Paar tanzen mit schnellen Bewegungen, wirbeln von der Seite herein. Langsam hebt sich der Vorhang weiter. Köpfe und Schultern bleiben bedeckt. Man sieht, wie viel Gelenke und Muskeln in einem Körper stecken – Arme, Schultern, Ellenbogen, Handgelenk, Hände, Finger, Fingerspitzen. Jedes Glied macht eine Bewegung, die zwischendrin auch stoppen kann, selbst in rasanten Bewegungen. So fällt ein Bein nach dem Schwung nicht auf den Boden, sondern wippt eine Handbreit drüber auf und ab. Kleine Bewegungen entfachen große Reaktionen aus. Schon sanftes Antippen lässt ein gestandenes Mannsbild umkippen.
Selbst bei den superschnellen Verwirbelungen sind noch die einzelnen Körperteile zu erkennen. Einzelne exakte Bewegungen der Beine, Schenkel, Knie, Waden, Fußgelenke, Füße, Zehen wiederholen sich. Nicht bei ein und derselben Person – nein, bei verschiedenen Tänzern hintereinander. Einer nach dem anderen absolviert in Windeseile das gleiche Programm.
Während einige Choreographen die Tänzer auf Zehenspitzen über die Bühne tackern lassen, liebt Clug das sanfte Dahingleiten. Hacke und Zehen robben sich auf dem Boden entlang. Die Tänzer scheinen über die Oberfläche zu segeln, während sie mit Händen, Armen, Kopf flüchtige Bilder malen, wie losgelöst vom Unterkörper.
Musik Milko Lazar Pocket Concerto
Uraufführung 29. April 2009, Stuttgarter Ballett
Besetzung
Oihane Herrero, Anna Osadcenko, Rachele Buriassi
Marijn Rademaker, Evan McKie, Brent Parolin, Attila Bako
RED in 3, Uraufführung ,Choreographie Jorma Elo
Schon die Kostüme überraschen, denn sie sehen aus wie in einem klassischen Ballett – Schwanensee zum Beispiel – aber nur fast. Genau so klassisch scheint auch das Ballett auf den ersten Blick. Es schrammt immer an einem „Beinahe“ vorbei. Jorma Elo macht sich über das klassische Ballett lustig, und zwar auf eine sehr gekonnte und amüsante Weise.
Vieles stimmt – die Schritte, Sprünge, Spitzentanz, Pirouetten – Die Beine machen alles genau so, wie es sich gehört. Die Oberkörper zeigen aber nicht die fließenden Bewegungen, die zu diesen Schritten einfach dazu gehören, sondern eher schlaksige. Schultern, Arme, Kopf führen ein typisches wie-mich-das-alles-langweilt-Programm durch. Umgekehrt geht das so: Oberkörper mit eleganten Bewegungen von Kopf und Armen, aber sie tanzen O-beinig.
Bauch – Beine – Po, unter diesem Motto zeigen die superengen Höschen der Männer viel von ihren Muskeln, und der Po hat besonders viel davon.
…von den Muskeln natürlich!
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Musik Peter Tschaikowsky Konzert für Violine und Orchester D-Dur, op. 35
Uraufführung 07. Juli 2010, Stuttgarter Ballett
Besetzung
Angelina Zuccarini, Alexander Zaitsev
Alicia Amatriain, Filip Barankiewicz
Maria Eichwald, Jason Reilly
Elizabeth Mason, Arman Zazyan
Anna Osadcenko, William Moore
Miriam Kacerova, Elizabeth Wisenberg, Julie Marquet, Magdalena Dziegielewska
Roland Havlica, Attila Bako, Sébastien Galtier, Daniel Camargo