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  • Bratislava in Farbe: Bunt von Blau, Weiß, Rot bis Pastell

    Bratislava in Farbe: Bunt von Blau, Weiß, Rot bis Pastell

    Bratislava – eine Stadt, in der die Farben lebendig werden. Von königlichem Blau über zartes Babyblau bis hin zu elegantem Apricot und blendendem Kupfer. Tauchen Sie ein in die bunte Vielfalt der slowakischen Hauptstadt und entdecken Sie ihre faszinierende Geschichte. Ein Kurzbesuch, der die Sonne im Rücken und einzigartige Eindrücke im Herzen hinterlässt2dd2dd362be545dd81c1e2296167cf33.

    Bratislava in Farbe – Eindrücke vom Kurzbesuch

    Kennen sie das? Sie besuchen eine Stadt nur für kurze Zeit. Was bleibt an Eindrücken? In Bratislava bleiben die Farben hängen. Diese Stadt mit ihrer reichen Geschichte, einst Teil Österreichs und sogar Krönungsort von Maria Theresia, hat viele prächtige Gebäude aus vergangenen Zeiten bewahrt. Die Prachtbauten aus dieser Zeit sind bis heute erhalten geblieben und versprühen den Charme der königlichen Herrschaft.
    Doch Bratislava wurde auch von kommunistischer Herrschaft beeinflusst. Jetzt ist die Slowakei ein selbstständiger Staat, dessen Bewohner stolz vorwärts schauen.

    Die Farben Blau, Weiß und Rot schmücken die slowakische Nationalflagge

    Bratislava in Farbe - Burg hoch über der Stadt

    Am Wahrzeichen von Bratislava sind die Nationalfarben deutlich erkennbar: Der Himmel erstrahlt in Blau, die dicken Mauern der Burg in Weiß und die Dächer in Rot.

    Bratislava in Farbe - SND, Slowakisches Nationaltheater

    Diese Farben finden sich noch oft in der Stadt selbst wieder. Am neuen Wahrzeichen SND, dem slowakischen Nationaltheater, oder den roten Bussen, die die Touristen durch die Stadt kutschieren.

    Bratislava in Farbe - rotes Auto in der Gasse

    In allen möglichen Sprachen erhalten die Besucher Informationen über die wechselvolle Geschichte der Stadt.

    Gebäude wirken mit den zarten Pastellfarben wie überpudert.

    Bratislava in Farbe - blaue Kirche

    Die „Blaue Kirche“ trägt das helle Blau des Himmels, wenn er von einem zarten Dunst überzogen wird.

    Bratislava in Farbe - Blaue Kirche von innen

    Auch im Inneren der Kirche herrscht das Babyblau vor. So zart, dass man sich hineinsetzen und träumen möchte.

    Zarte Pastelltöne von Rosa bis Türkis

    Bratislava in Farbe - rosa Häuserblock

    Zu diesem Babyblau passt ein rosa, dass schon wenige Straßen weiter auf einem Haus prangt. Vom Stil her passt es perfekt in die K-und-K-Zeit, als die Damen sich rosa bepudert haben, bevor sie in die nahe gelegene Oper gingen.

    Bratislava in Farbe - Mosaik über dem Türbogen mit Keramifliesen

    Die Häuser rund um die „Blaue Kirche“ zeigen sich mit vielen Details, wie dieser Rundbogen. Ein Keramikmosaik in hellblau und ocker, verziert mit typischen Jugendstil-Elementen.

    Bratislava in Farbe - türkisfarbenes Kirchendach

    Dieser türkise Kirchturm steht an einer strategisch wichtigen Stelle – zumindest für Touristen. Viele kleine Gassen führen zu ihm. Er ist ein dankbares Fotomotiv, schon wegen seiner Farbe. Vom strahlend blauen Himmel hebt er sich besonders gut ab. Wie mag er wohl bei Regenwetter aussehen?
    Wenn es absolut keine richtigen Fotomotive gibt, dann ist dieser Kirchturm die Rettung für schnelle Tagestouristen – Klick, und schon ist ein Superfoto im Kasten.

    Bratislava in Farbe - Haus auf dem Rathausplatz

    Das Haus in Apricotfarben mit einer Umrahmung von Olivgrün wirkt elegant. Diese Farbkombination passt hervorragend zum Rathausplatz und macht sich gut auf Selfies.

    Bratislava in Farbe - neu eingedecktes Kupferdach

    Dagegen funkelt das neue Kupferdach bei Sonnenschein – im wahrsten Sinne des Wortes blendend. Elegant ist wohl der treffendere Ausdruck für dieses Gebäude.

    Blassgrau bis strahlend

    Bratislava in Farbe - Alte Brücke im Morgendunst

    Doch Bratislava kann auch grau aussehen, zum Beispiel früh morgens an der Donau. Selbst die „alte Brücke“, die bei Sonnenschein in einem soliden Grün erstrahlt, wirkt dann ausgesprochen blass.

    Bratislava in Farbe - Paar im Gegenlicht

    Während meines Kurzbesuchs in Bratislava scheint die Sonne. Das macht alles freundlicher. Licht scheint durch Bäume, Sträucher und Menschen.

    Bratislava in Farbe - Burg, von rückwärts von der Sonne beschienen

    Der Burg verleiht die Sonne im Rücken einen regelrechten Heiligenschein.

    Bratislava, eine Stadt voller Farben

    Eine Stadt, die es versteht, ihre Geschichte und ihre Vielfalt in den unterschiedlichsten Tönungen zum Ausdruck zu bringen. Lassen Sie sich von dieser Farbenpracht verzaubern und entdecken Sie die Schönheit dieser Stadt.

    Mehr von Bratislava

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  • SND Bratislava – edles Theaterhaus mit Oper, Ballett, Schauspiel

    SND Bratislava – edles Theaterhaus mit Oper, Ballett, Schauspiel

    Nationaltheater Bratislava SND mit Fotos von innen und außen, bei Tag und bei Nacht aus Zuschauer-Sicht.1156c2bc9f7c43ada43c1289c1cdf3a6 Aber wie sieht es Backstage aus – hinter der Bühne?

    SND Slowakisches Nationaltheater – 3-Spartenhaus mit Oper, Ballett und Schauspiel

    Bratislava ist bis zum heutigen Tage eine Kulturstadt, und zeigt es stolz nach außen.

    SND Slowakisches Nationaltheater Bratislava - Rückseite

    Von der Rückseite wirkt der Bau trutzig und uneinnehmbar wie die Burg hoch über Bratislava.

    SND Slowakisches Nationaltheater - hell erleuchtet bei Nacht, Brunnen im Vordergrund

    Bei Tag von der Sonne beschienen; bei Nacht strahlt das Haus mit vielen Lichtern von innen heraus. Das Opernhaus zieht wie mit ausgestreckten Armen die Zuschauer in sich hinein.

    Ein Opernbesuch war und ist etwas Besonderes

    Das Orchester im Orchestergraben begleitet auf der Bühne die Sänger, die den Saal mit ihren Stimmen füllen. Der Aufwand, der in das Bühnenbild und die Kostüme gesteckt wird, wird entsprechend belohnt. Festlich gekleidet zu den Vorstellungen zu erscheinen ist besonders für die Damen ein Genuss. Hier führen sie ihre Abendkleider aus, in Kombination mit dem trendigen Make-up und der raffinierten Frisur. Sehen und gesehen werden. Genau das ist das Motto, das schon seit Urzeiten der Oper besteht.
    Aber Sie können es als Opernbesucherin auch so halten wie in den anderen Opernhäusern. Kleiden Sie sich so, wie Sie sich am wohlsten fühlen – und das ist immer passend.

    SND Slowakisches Nationaltheater bietet ein anspruchsvolles Programm

    Die Oper und das Schauspiel gestalten ideenreiche Inszenierungen, während die Ballettkompanie mit eigenständigen Choreografien beeindruckt.

    SND Slowakisches Nationaltheater - Orchestergraben


    900 Zuschauer finden ihre Plätze auf roten Sesseln mit einem ausgezeichneten Blick auf die Bühne. Der Orchestergraben bleibt für die meisten Zuschauer unsichtbar, denn ihr Blick wird auf das Geschehen auf der Bühne gelenkt. Aber gerade hier spielt die Musik, die jeden Opernabend unverwechselbar macht. Der Klang von Geigen, Trompeten, Oboen, Harfen und Pauken erfüllt den ganzen Raum – unsichtbar, aber zum Greifen nah und allgegenwärtig.

    Im Bauch des Slowakisches Nationaltheaters

    Die Proben finden in der Regel vormittags statt. Einstudiert werden Stücke, die in der Zukunft aufgeführt werden. Eine Probebühne dient dazu, dass Inszenierung und Orchester zusammen kommen. Vorher haben sie getrennt geprobt.
    Während die Orchestermusiker ihre Stimmpartien aus den Noten spielen können, müssen die Sänger ihre Partien gut einstudiert auswendig singen.

    Ballettprobe im Opernhaus: „Die Kleinen Schwäne“ aus dem Ballett Schwanensee mit Musik von Tschaikowski.

    Um einen Tanz einfach und federleicht aussehen zu lassen, erfordert es harte Arbeit und üben, üben, üben. Der Klassiker „Die Kleinen Schwäne“ aus dem Schwanensee ist ein gutes Beispiel dafür. Selbst diejenigen, die selten ins Ballett gehen, kennen den Tanz der kleinen Schwäne.

    SND Slowakisches Nationaltheater Bratislava - Regisseur Tomáš Ondřej Pilař und Dirigent Pietro Rizzo bei der Bauprobe
    Regisseur Tomáš Ondřej Pilař, Dirigent Pietro Rizzo

    In der Bauprobe werden die Ideen von Regisseur, Bühnenbildner und Kostümbildnerin zusammen geführt.

    SND Slowakisches Nationaltheater Bratislava - Bühnenbildner Petr Vítek zeigt sein Bühnenmodell zur Oper Nabucco
    Bühnenbildner Petr Vítek

    Der Regisseur erläutert seine Inszenierung mit Hilfe des Bühnenbildes, das der Bühnenbildner exakt als kleines Modell gebaut hat.

    SND Slowakisches Nationaltheater Bratislava - Skizzen des Bühnenbildes und Figurinen zur Oper Nabucco
    Kostüme Dana Haklová

    Anhand der Figurinen zeigt die Kostümbildnerin, wie die Gewänder einmal aussehen werden.
    Anschließend gehen die Entwürfe in die Schreinerei, Schlosserei, Malsaal, Schneiderei und andere Werkstätten, um spätestens bis zur Hauptprobe auf der Bühne zu landen.

    In der Musikstadt Bratislava wurden und werden Opern aufgeführt

    Schon das klassische Opernhaus von 1920 wirkt glanzvoll, und mit dem neuem SND Slowakischen Nationaltheater aus dem Jahre 2008 setzt sich diese Tradition fort.
    Es spiegelt, wie das historische Vorbild, den Baustil seiner Zeit wider und zeigt durch die Verwendung von hochwertigen Materialien den hohen Stellenwert der Kunst in der Slowakei.

    SND Slowakisches Nationaltheater - Foyer mit Licht und Schatten

    Schon bei Tag wird beim Betreten des Gebäudes deutlich, dass hier etwas Besonderes geschaffen wurde. Die gläsernen Wände, die vom Boden bis zur Decke reichen, verleihen dem Nationaltheater eine einzigartige Atmosphäre. Das Spiel von Licht und Schatten, das durch die Glasflächen entsteht, erzeugt eine magische Stimmung und lässt die Räume erstrahlen. Tonangebend sind die Farben Weiß und Rot, eine starke Kombination. Die Sitze im Zuschauerraum und die Teppiche leuchten in kräftigem Rot – ein Gefühl, als würde man auf Moos laufen.

    SND Slowakisches Nationaltheater - Innenausstatung mit weißem Marmor

    Vorherrschendes Material an Wänden, Treppen und Böden ist weißer Marmor, der das Licht zurückgestrahlt, Spiegelbilder erzeugt und durch seine Eleganz eine festliche Stimmung in die Räume bringt. So entsteht ein Ort, der nicht nur durch seine Architektur, sondern auch durch seine Atmosphäre besticht. Ein Ort, der die Kunst in der Slowakei in all ihrer Pracht und Bedeutung darstellt.

    Klare geometrische Formen bestimmen den Bau des SND

    SND Slowakisches Nationaltheater - weißer Marmor, geometrische Form, Fenster

    Der Bau des SND zeichnet sich durch klare geometrische Formen aus, gerade Linien und Rundungen, die akkurat wie mit Lineal und Zirkel gezogen wirken. Doch das bedeutet nicht, dass alles im rechten Winkel stehen muss.
    Genau wie das historische Theater ist das neue SND ebenfalls eingebunden in ein aufstrebendes Viertel mit Glasbauten, Bürotürmen und Einkaufszentren. Am nahen Donauufer reihen sich – wie Perlen auf der Schnur – internationale Restaurants, Cafés, Bistros aus aller Herren Länder.

    SND Slowakisches Nationaltheater Bratislava
    Das SND Bratislava ist zweckmäßig und elegant zugleich, ein Ort für feierliche Momente mit dem Charme des 21. Jahrhunderts. Ein Blick hinter die Kulissen des SND ermöglicht es, die harte Arbeit und die Leidenschaft der Künstler hautnah zu erleben. Es ist ein Ort, an dem die Magie der Bühne zum Leben erwacht und die Zuschauer in eine andere Welt entführt. Ein Besuch im SND ist nicht nur ein kulturelles Ereignis, sondern auch eine Reise in eine Welt voller Eindrücke und Aha-Effekte.

    Mehr über Bratislava

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  • ☛ Untergang des Römischen Reiches – was bleibt in der Gegenwart bis heute?

    ☛ Untergang des Römischen Reiches – was bleibt in der Gegenwart bis heute?

    Das Römische Reich ist unter gegangen. Vieles davon ist übrig geblieben in unserer Sprache. Als Gebäude, als Erfindung als Technik hat es seine Spuren hinterlassena7a1a0d8421a40839f552d582176d4b6.

    Campingstühle nach altrömischem Vorbild

    Mein Lieblingsstück dieser Ausstellung. Ein Klappstuhl!

    Trier, Landesmuseum, Ausstellung "Untergang des Römischen Reiches", Klappstuhl schematisch
    So sieht der Klappstuhl aus, wie ihn die römischen Damen gerne nutzen

    Von diesem Stuhl ist noch das Skelett erhalten. Rohre mit einer Kette als Stopper, einfach zum Zusammenklappen. Der Stoff ist nicht mehr vorhanden.

    Trier, Landesmuseum, Ausstellung "Untergang des Römischen Reiches", Klappstuhl
    Klappstuhl, teilweise erhaltenes Gestell

    Ich tippe auf Brokat, kunstvoll bestickt, vielleicht mit Wappen. Diese Stühle sind bei den römischen Damen beliebt. Ob sie bei den Spielen, die der allgemeinen Belustigung dienen, immer hin und her getragen werden? So können die Damen ihre Lieblings-Gladiatoren aus nächster Nähe betrachten, sie anfeuern und untereinander ihre Fachkenntnisse austauschen.
    So ähnlich ist es auch heute. Allerdings bestehen die Streben aus leichtem Aluminium, bezogen mit gestreiftem Markisenstoff. Bekannt unter dem Namen Campingstuhl. Die Funktion ist die gleiche. Wenn sich Sieglinde aus Halle, Chantalle aus Bochum und Maria aus Deggendorf auf einem italienischen Campingplatz treffen, können sie die Stühle leicht hin und herrücken. Immer mit dem ungetrübten Blick auf die Brennpunkte des Geschehens. Bei Kaffee und eingetuppertem Kuchen vertrauen sie sich gegenseitig ihre unauffälligen Beobachtungen an – zu ihrer gemeinsamen Belustigung.

    Villa – Traum der Häuslebauer

    Den lateinischen oder italienischen Wörtern wird nachgesagt, dass sie kompliziert sind. Die Älteren kennen noch den Spruch, der früher an jeder Rostlaube klebte: „Eigentlich wollte ich ja einen Lamborghini, aber ich konnte das Wort nicht aussprechen.“
    Nun ja, das Wort Villa ist zwar nicht schwierig auszusprechen, für den heutigen Häuslebauer jedoch gilt die Umkehrung: „Eigentlich wollte ich eine Villa, aber Reihenhausmittelsegment klingt viel anspruchsvoller.“

    Fußbodenheizung – heiße Luft statt Wasser

    Trier, Landesmuseum, Ausstellung "Untergang des Römischen Reiches", Ziegelsteine für die Hypokausten
    Ziegelscheiben, die in der Fußbodenheizung die Wärme speichern

    Wo sich in den deutschen Häusern ein Keller befindet, um Kartoffeln und Kohlen einzulagern, erstreckt sich in den alten römischen Villen ein Labyrinth aus Ziegelsteinen. Hier finden nicht etwa Mäuserennen statt. Am Eingang des Labyrinths steht eine Feuerstelle, deren heiße Abgase in Schlangenlinien durch die Hohlräume unter den Fußböden des Hauses hindurch laufen, bis sie abgekühlt am Anfang wieder rauskommen. Die Ziegel speichern die Wärme und sorgen für mollig warme Fußböden.
    2.000 Jahre später geht dieses Prinzip in die Fußbodenheizungen der 70er-Jahre-Bungalows ein. Statt Ziegelsteinen werden mit Wasser gefüllte Heizschlangen im Boden verlegt. Und siehe da, die Bewohner kommen morgens schneller in die Puschen.

    Wasserleitung – wieder entdeckt

    Trier, Landesmuseum, Ausstellung "Untergang des Römischen Reiches", Wasserrohr aus Blei
    Bleirohre, Teil einer Wasserleitung

    Wasserrohre aus Blei sorgen für fließendes Wasser in den römischen Villen. Dass Blei ein giftiges Material ist, das die Intelligenz-Entwicklung bei Säuglingen und Kleinkindern beeinträchtigt, war damals noch nicht bekannt. Einige Experten meinen sogar, dass die Bleivergiftungen mit zum Untergang Roms beigetragen haben.
    Andererseits: Die Berliner Wasserleitungen bestanden von Beginn an aus Bleirohren, also seit 100 Jahren. Berlin ist zwar noch nicht untergegangen, aber vielleicht sagt das etwas über die Intelligenz der Berliner aus.

    Formulare und Dokumente – wer kennt sie nicht?

    Insbesondere, was Formulare (Anträge, Vordrucke, Fragebögen) anbelangt, haben wir Deutschen uns hervorgetan. Wir haben zwar das Wort von den Römern übernommen, zur Vollendung haben wir es ganz allein gebracht, um nicht zu sagen: verinnerlicht. Da macht uns so leicht keiner was vor.
    Von der Wiege bis zur Bahre, Formulare, Formulare.

    P.S. → Post Scriptum → Nachschrift
    Wir dokumentieren (belegen, beurkunden, beweisen) nicht mehr so viel, seit wir Monitoring (Beobachtung, Überwachung) betreiben.

    Untergang des Römischen Reiches: Was ist in Trier übrig geblieben?

    Einst war Trier einer der Mittelpunkte des Römischen Reiches. Nach dem Untergang blieben vor allen Dingen noch die Gebäude erhalten. So solide gebaut, dass sie selbst den Touristenströmen noch trotzen können.

    Gut erhaltene Konstantin-Basilika

    Gleich alt oder noch älter ist die Konstantin-Basilika, die jetzt als evangelische Kirche genutzt wird.

    Trier, Landesmuseum, Ausstellung "Untergang des Römischen Reiches", Konstantin-Basilika heute
    Konstantin-Basilika, evangelische Kirche in antiken Gemäuern

    Total leer, ohne Bilder, rein zur Meditation. Selbst die Kerzen unweit des Altars dienen reiner Meditation. Durch ihre Schlichtheit passt die neue Orgel hervorragend in das Kirchenschiff hinein.

    Trier, Landesmuseum, Ausstellung "Untergang des Römischen Reiches", Konstantin-Basilika mit Glaskunst
    Glasbild in einer Nische der Konstantin-Basilika

    Etwas aus der Art gefallen ist das Glasbild in Kreuzform, ein bunter Fleck am Eingang.

    Trier, Landesmuseum, Ausstellung "Untergang des Römischen Reiches", Konstantin-Basilika im Originalzustand
    Konstantin-Basilika im Originalzustand

    Das könnte eine Verbeugung an die Urform der Basilika sein. In ihrem Urzustand war die Basilika bunt, farbenfreudig, lebensfroh.
    Der jetzige Zustand bietet einen Blick auf den Grundplan.

    Porta Nigra – schwarzes Tor – Wahrzeichen von Trier

    Trier, Porta Nigra
    Porta Nigra, das „schwarze Tor“, von der Seite gesehen

    Die Porta Nigra steht fest auf den Mauern, die die Jahrhunderte übrig gelassen haben.
    Anscheinend kommt die Schwärze nicht nur von der Luftverschmutzung und den Autoabgasen der letzten 100 Jahre, sondern schon aus der Römerzeit. Zur Freude der Stadtverwaltung – somit ist die Reinigung kein Kostenfaktor. Denn aufgrund dieses Namens ist diese Sehenswürdigkeit dem Sandstrahlgebläse entkommen. Wer weiß, welche Farbe da zum Vorschein gekommen wäre. Vielleicht Grau?
    Ob ein graues Gebäude genau so viele Besucher angelockt hätte? Bei Regenwetter und grauem Himmel könnte es sich unsichtbar machen.
    Das wäre eine Sensation. Mensch stelle sich vor, wie die Fotografen bei Schietwetter zuhauf herumlungern, um das ultimativ beste Foto auf Instagram zu posten – grau in grau.

    Trier, Porta Nigra, etwas zerbeult
    Porta Nigra ächzt unter den Tourismusströmen

    Kein Wunder, dass das Tor in die Knie geht.
    Ebenso zerreißt es auch den Bildungstouristen, für den die Porta Nigra die erste von 17 Stationen ist auf dem Antikenweg, den m/w/d unbedingt bewältigen muss.

    Ich möchte niemanden auf dumme Gedanken bringen, aber wie wär’s mit einem Farbenwechsel?

    Im Sommer Porta Rubra (wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt)
    Im Winter Porta Alba (weiß wie Schnee auf den Dolomiten – vor der Klimawende)
    Im Herbst …

    Mehr Info zum „Untergang des Römischen Reiches“ vom 25.6. bis 27.11.2022 in Trier

    Meine Highlights der Ausstellungen zum „Untergang des Römischen Reiches“

    Noch mehr Museen

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  • ☛ Museum Trier: Untergang des Römischen Reiches – wer ist schuld?

    ☛ Museum Trier: Untergang des Römischen Reiches – wer ist schuld?

    „Untergang des Römischen Reiches“: 3 Museen in Trier zeigen die letzten 200 Jahre des schleichenden Untergangs. Es beginnt mit dem Römischen Reich, das von Schottland über halb Europa bis hin in die heutige Türkei führt. Die Länder rund ums Mittelmeer einschließlich Nordafrika gehören ebenfalls mit dazu. Es endet mit der Plünderung Roms durch die Vandalen336641d4882c46258ccb56ace78164fc.

    "Das Erbe Roms" im Stadtmuseum Trier - Ulpiano Chea, Invasion der Barbaren
    Krieger im Geschwindigkeitsrausch

    In hunderten von Jahren schieben Römische Heere die Grenzen vor sich her.

    "Der Untergang des Römischen Reiches" im Rheinischen Landesmuseum Trier - Gespaltener Schädel
    Sauberer Schnitt

    Dabei sind sie nicht zimperlich, wie der durchgetrennte Schädel zeigt.

    Erkennungszeichen der Römer

    Wo immer sie ein Volk vertreiben, setzen sie ihre Markierungen. Für die Soldaten werden Kasernen gebaut, mit Palisaden drum herum, die bald zu festen Steinmauern anwachsen.

    "Das Erbe Roms" im Stadtmuseum Trier - Evariste-Vital Luminais, Gallier
    Gallier mit nacktem Oberkörper, bewaffnet mit Schild und Speeren, kämpfen auf schwerfälligen Brauereipferden gegen ein diszipliniertes Römisches Heer

    Es könnte ja sein, dass die „Barbaren“, die diesen Landstrich vorher füllten, auf dumme Gedanken kommen könnten – sofern sie nach Meinung der Römer überhaupt denken können.
    Dann werden Villen für die Kommandanten gebaut, natürlich mit dem Komfort, den sie von Rom gewohnt sind – Fußbodenheizung, Wasserleitung und Wellnessbereich sind ein MUSS.
    Überall sind heute noch die Spuren zu sehen, selbst nach 1.600 Jahren. Obwohl das „Römische Reich“ mittlerweile auf das Gebiet des heutigen Italiens geschrumpft ist.

    Untergang des Römischen Reiches – wie kommt es dazu?

    Wie immer will’s keiner gewesen sein, zumindest dann, wenn es bedauerlich ist.
    Sollte es allerdings ein Grund zur Freude sein, schreien alle: „Ich war’s“.

    "Das Erbe Roms" im Stadtmuseum Trier - Detail aus Ölbild von Karel Lodewijk de Kesel, Ambiorix der Germane
    Sollen sie nur kommen, die Römer. Wir sind schon da!!!

    Im Laufe der Jahrhunderte Römischer Herrschaft gibt es immer wieder verscheuchte Häuptlinge, die den Verlust ihres Machtbereichs rückgängig machen wollen.

    "Das Erbe Roms" im Stadtmuseum Trier - Ölbild von Karel Lodewijk de Kesel, Ambiorix der Germane
    Der Germane Ambiorix gibt sein Land nicht einfach ab – er hält mit seinen Kriegern die Römer auf

    Jahrhunderte nach dem Untergang des Römischen Reiches werden sie zu Helden erklärt. Das Problem daran: sie sind nicht die Sieger, sondern werden nach ihrem – meist heldenhaften – Tod zu Märtyrern erklärt. Und wie es so ist, hat jedes Land seine eigenen Helden.

    Herrmann, Held der Germanen

    In Deutschland ist es Armin, bekannt als Herrmann der Etrusker, dem im Teutoburger Wald das riesige Herrmannsdenkmal gewidmet wird. Im Gegensatz zu den anderen Helden schafft er es, die Römer zurück zu drängen.

    "Das Erbe Roms" im Stadtmuseum Trier - Johannes Gehrtsw, Arminius und Tusnelda
    Herrman mit geballter Faust und finsterem Blick, Thusnelda als besorgte Ehefrau

    Weniger gut weg kommt seine Frau Thusnelda. Sie will ihn aus Herzensangst davon abhalten, gegen den Römer Varus in den Kampf zu ziehen. Aber er hört nicht auf seine Frau und…
    gewinnt die Schlacht. Schlacht im wahrsten Sinne des Wortes, denn 15.000 Römische Soldaten werden niedergemetzelt.
    Der Name Thushelda hat seitdem einen unvorteilhaften Klang: „Du bist mir eine Thusnelda!“ verspricht keine Anerkennung. Ebenso wenig wie die Kurzform „Tussi“. Dabei ist sie eine tapfere Frau, die sich so leicht nicht unterkriegen lässt. Zusammen mit ihren Töchtern geht sie bis zum römischen Kaiser, der wenig Interesse zeigt und kurz vor dem Einschlafen ist.
    Allein die Tatsache, dass Thusnelda sich nicht in die Knie zwingen lässt, ist den Engländern ein Grund zur Freude. Sie vergleichen sie mit ihrer Königin Victoria, die 65 Jahre lang das Land regierte.

    Der Untergang des Römischen Reiches – Letzte Runde

    "Das Erbe Roms" im Stadtmuseum Trier - Ölbild von Joseph-Noel Sylvestre
    Die Herrscher werden vom Sockel geholt

    An der Schraubenlinie des Untergangs mischen viele Personen und Gruppen mit. Der Strudel nimmt Fahrt auf und kennt nur noch eine Richtung – abwärts.

    Untergang des Römischen Reiches – Schlusspunkt bilden zwei Ereignisse.

    "Das Erbe Roms" im Stadtmuseum Trier - Karl Brjullow, Geiserichs Einfall in Rom
    Vandalen im Rausch

    Die Plünderung Roms durch die Vandalen.

    Ein großes Reich ist unter gegangen – einfach weg.

    "Das Erbe Roms" im Stadtmuseum Trier - John William Waterhouse, Honorius
    Honorius erhält die Nachricht, dass Rom zerstört wurde

    Honorius, der letzte Kaiser von Rom, kümmert sich in Ravenna nicht ums Regieren, sondern um seine Geflügelzucht. Als er die Nachricht erhält, dass Rom untergegangen ist, verfällt er in tiefe Trauer. Seine Diener klären ihn auf, dass es die Metropole Rom – Hauptstadt der Römischen Reiches – und nicht sein Lieblingshahn namens Roma ist, um den er gerade trauert. Ob sich danach seine Laune gebessert hat, ist nicht überliefert.

    Mehr Info zum „Untergang des Römischen Reiches“ vom 25.6. bis 27.11.2022 in Trier

    Meine Highlights der Ausstellungen zum „Untergang des Römischen Reiches“

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  • Wandmalerei in Füssen – Vorschrift trifft auf Kreativität

    Wandmalerei in Füssen – Vorschrift trifft auf Kreativität

    Es gab in Füssen eine Zeit, in der es verboten war, vor dem Haus Vorbauten oder etwas in die Straße Ragendes anzubringen. Verpönt sind Erker, Säulen, Klapplädenc7fa9b7f2b3a4818aa0e925aac37a613.

    Illusionsmalerei – Wunschbilder auf die Wand gemalt

    Illusionsmalerei in Füssen – Schloss mit Erker

    Und was machen die pfiffigen Füssener, die ihren Reichtum nach außen zeigen wollen? Sie malen sich Erker, Stuck, Baldachine, Butzenscheiben, Wappen.

    Illusionsmalerei in Füssen – Turm am Schloss mit Ecksteinen und Erker

    Mich beschleicht beim ersten schnellen Anblick so ein diffuses Gefühl: „Irgendetwas stimmt hier nicht!“ Ecksteine und Erker wirken auf die Entfernung so echt, dass ich ihnen – erst bei näherem Hinsehen – als Malerei auf die Schliche komme.

    Illusionsmalerei in Füssen – Säcke vor der Hauwand

    Ein Hausbesitzer stellt sich sogar Säcke vor die Tür. Name, Strasse und Hausnummer als Beschriftung – praktisch und clever.

    Illusionsmalerei – Paradebeispiel ist das Haus des Apothekers

    Illusionsmalerei in Füssen – Stadtapotheke

    Ein Apotheker gehörte schon immer zur geistigen Elite eines Ortes – zusammen mit dem Lehrer, dem Pfarrer, dem Arzt. Das muss sich selbstverständlich auch im Haus zeigen.

    Illusionsmalerei in Füssen – geschwungene Stuckelemente

    Stuckelemente mit allerlei Zierrat und Akanthusblättern stützen rechts und links das Apothekenschild.

    Illusionsmalerei in Füssen – Schutzheiliger derStadtapotheke

    Der/die Schutzpatron/in der Apotheker prangt zwischen Säulen, direkt unter einem Fensterbogen. In der Hand den Becher mit dem Genesungstrunk.

    Illusionsmalerei in Füssen – Sims an der Stadtapotheke

    Stolz dürfen die Besitzer heute noch auf das Alter der Apotheken-Gründung sein – seit 1547 steht sie an ihrem Platz. Der opulente Sims mit den Engelsflügeln zeigt deutlich, dass hier zum Wohle der Mitbürger gearbeitet wird.

    Illusionsmalerei in Füssen – Baldachin an derStadtapotheke

    An der Spitze rundet der Baldachin diese Außenwerbung ab. Eine Inschrift, in Brokat eingebrannt, zeigt den Bildungsstand der Besitzer an. Noch heute verstehen es Lateinschüler, mit ihren Kenntnissen anzugeben, wenn sie diesen Text übersetzen.

    Apotheke in Kaufbeuren mit solider Holzschnitzerei

    Kaufbeuren, Stadt-Apotheke

    In Kaufbeuren im Allgäu dagegen steht die Stadt-Apotheke klein aber fein standesgemäß auf der Hauptstraße. Wie es sich für eine Apotheke gehört, ist sie jedoch etwas exklusiver als die übrigen Häuser gestaltet. Holzschnitzereien umrunden den Eingang – alles echt.

    Vielfältige Wandmalerei

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  • ☛ 600 Jahre alte Brokatmäntel – frisch wie Moos im Frühling

    ☛ 600 Jahre alte Brokatmäntel – frisch wie Moos im Frühling

    St. Annen Museum in Lübeck zeigt 600 Jahre alte Gewänder. Mäntel aus Hoch/Tief-Brokat. Borten aus Seide(!), mit Silber- und Goldfäden bestickt. Umhänge, getragen zu hohen Kirchenfesten. Die kostbarsten Stoffe, die im Mittelalter entstehen können. Und alle sehen wie neu aus, fast wie neu. Ist das auf die Qualität zurückzuführen?304cb12809c74ff09c56368b4e70a082 Jein.

    Wer kann sich Seidenbrokat und Stickereien aus Gold- und Silberfäden leisten?

    600 Jahre alte Brokatmäntel aus schwarzem Seidenbrokat mit Stickerei-Borte
    Schwarzer Chormantel für einen traurigen Anlass
    mit Gold- und Silberfäden gesticktes Gabelkreuz

    Es sind die Kirchenfürsten der Marienkirche zu Danzig. Diese Kostbarkeiten zahlen die Kirchenfürsten vermutlich nicht aus der eigenen Schatulle. Die Umhänge werden von reichen Danziger Kaufleuten der Hanse gestiftet. Sie erhoffen sich damit, dem Gang zum Fegefeuer zu entgehen. Denn: „Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt!“

    Jahrhunderte Lagerung in der Kirchenmauer

    600 Jahre alte Brokatmäntel im St. Annen Museum in Lübeck
    Die Farben der Danziger Kirchenmäntel aus Hoch/Tief-Brokat wirken frisch
    wie Moos nach einem Regenguss im Frühling
    ©StAnnenMuseum

    Wer die kostbaren Talare eingemauert hat und warum, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren. Über Jahrhunderte bleiben die Mäntel verschollen. Niemand weiß von ihrer Existenz. Die prachtvollen Paramente werden bei Renovierungsarbeiten in der Danziger Marienkirche entdeckt – eingemauert in Hohlräume der dicken Kirchenmauer.
    Die Mäntel werden jahrzehntelang zwar nicht zu Gottesdiensten verwendet, aber als Kirchenschatz gehütet, gepflegt und ausgestellt.

    Der 2. Weltkrieg kommt immer näher an Danzig heran.

    600 Jahre alte Brokatmäntel - Detail aus der gestickten Borte
    Lächelnde Gesichter, Faltenwurf mit Licht und Schatten, Palast und Garten,
    alles gestickt mit feinen Goldfäden, Silberfäden und gefärbter Seide
    ©StAnnenMuseum

    Die Danziger packen zusammen, was sie schleppen können, und machen sich auf den Weg nach Westen. Fort von den russischen Eroberern, die als besonders brutal gelten. Und in dieser Notsituation schafft es ein Pastor der Marienkirche, die einzelnen Mitglieder seiner Gemeinde zu mobilisieren. Jede Familie bekommt einen Mantel in Obhut. Neben dem persönlichen Notgepäck bringen sie über 100 der kostbaren Gewänder in Sicherheit. Mensch bedenke, dass Privatautos oder Lastwagen noch kaum eine Rolle spielen. Die Flucht findet mit Schiffen, Viehwaggons, Pferdefuhrwerken oder zu Fuß statt. Die Bürde, die sich die Gemeindemitglieder mit den Gewändern auferlegt haben, lohnt sich. Ein großer Teil der Gemeinde findet sich in der Hansestadt Lübeck wieder. Der Danziger Pastor sammelt nach dem Krieg die wertvollen Mäntel ein und bewahrt sie in einer Lübecker Kirche auf. Noch heute existiert dort eine große Danziger Gemeinde, die diese Mäntel als Dauerleihgabe dem St. Annen Museum übergeben hat.

    Wer hat die Borten gestickt und die Brokate gewebt?

    600 Jahre alte Brokatmäntel: gesticktes oberes Gabelkreuz
    Gabelkreuz des schwarzen Chormantels.
    Die Stickerei zeigt die Jungfrau Maria mit dem Jesuskind – bewacht von Engeln rechts und links
    ©StAnnenMuseum

    Borten mit christlichen Motiven zieren die Gewänder. Eine kunstvolle, feine Stickerei, gefertigt aus Goldfäden, dünnen silbernen Drähten und gefärbtem Seidengarn.

    600 Jahre alte Brokatmäntel: Detail aus der Stickerei - Maria mit Kind
    Ausschnitt aus dem gestickten Besatz:
    Lebendige Gesichter von Mutter und Kind mit einem strahlenden Heiligenschein
    ©StAnnenMuseum

    Aus meiner Erfahrung als Handwerkerin traue ich diese feine Arbeit keinem Mann zu. Es müssen junge Frauen sein, die schon genug Übung mit dem Material haben, deren Finger aber noch gelenkig sind. Bei den feuchten Klimaverhältnissen an der Ostsee ist es nur eine Frage der Zeit, wann sie Rheuma und/oder Arthrose ereilt.

    Die komplizierten Brokatstoffe dagegen sind eindeutige Männerarbeit, denn sie kosten Muskelkraft. Schon den Webstuhl einzurichten dauert seine Zeit. Für jede Farbe und jede Stoffhöhe werden die Fäden zu Gruppen zusammen gefaßt. „Ziehjungen“ sorgen dafür, dass sie nicht durcheinander geraten. Äußerste Konzentration der Weber ist die Voraussetzung, um die Brokat-Weberei mit derart kostbarem Material herzustellen. Fehler dürfen den Webern nicht unterlaufen – obwohl doch kleine Webfehler einen Stoff lebendig machen.

    Wer kennt die Vorgeschichte der eingemauerten Gewänder?

    Wann, wie und warum wurden diese Gewänder eingemauert? Wer kam auf diese geniale Idee?
    Keine weiß es, aber die Fantasie bekommt Flügel und fliegt zurück in die Reformationszeit, in der die Protestanten die Kirchen stürmen. Allen voran die Krawallmacher, die überall dabei sind, wo es scheppert. Die unter dem Deckmäntelchen religiösen Eifers ihrer Zerstörungswut freien Lauf lassen können. Sie reißen die vergoldeten Bilder von den Wänden und zerstören alles, was nach Prunk und Protz aussieht.

    Die Priester sehen es mit Sorge. Zwar haben sie sich in der Kirche verrammelt, aber lange können sie nicht standhalten. In der Kirche befinden sich Baumeister aus dem Geheimbund der Freimaurer. Sie kennen als Architekten die baulichen Gegebenheiten, wissen, wo sich Hohlräume befinden. Die Idee, die Kostbarkeiten einzumauern, findet großen Anklang. Die Mauern werden aufgebrochen, die kostbaren Mäntel sorgfältig hineingelegt und die Löcher wieder verschlossen.

    Zeichen der Freimaurer

    Sind die Löcher zugemauert, werden sie mit Geheimzeichen versehen, die jedem Freimaurer geläufig sind. Nach dem Prinzip einer Schnitzeljagd werden sowohl innen wie außen Zeichen gesetzt, die auf das vorhergehende und nächste Versteck hinführen. Egal, ob am Anfang, Mitte oder Ende – die Zeichen weisen den Weg hin und zurück.
    Somit können die liturgischen Gewänder schnell hervorgeholt und die Messen in altem Prunk wieder gefeiert werden. Dass es über 500 Jahre dauern wird, damit rechnet zu diesem Zeitpunkt wohl keiner.

    Nicht nur Mörtel und Bauwerkzeuge werden in die Kirche gebracht.

    Wappen
    Der heilige Georg steigt aus dem Schild und besiegt einen Drachen,
    wie er hässlicher gefährlicher kaum sein kann.

    Die Baumeister kennen genau das weit verzweigte Tunnelsystem, das zu jeder Kirche gehört. Wie eine Krake streckt es seine Arme kilometerweit nach draußen zu Endpunkten, die keiner vermutet.
    Das teure Salz und die exotischen Gewürze werden zum Einmauern gebracht sowie Kostbarkeiten, die auf dem Seeweg der Hanse nach Danzig gekommen sind. Allen voran die Pfeffersäcke, die bare Münze wert sind. Zobelpelze aus St. Petersburg, Venezianisches Glas mit „Tausendblüten“-Muster, Brüsseler Spitzen sowie die goldenen Becher, besetzt mit Edelsteinen. Tafeln mit Intarsien aus Bernstein in unterschiedlichen Goldtönen, dem Gold der Ostsee. Jahrhunderte später geistern sie als „Bernsteinzimmer“ durch die Köpfe der Schatzsucher.
    Welche Kostbarkeiten eingemauert werden und welche im Tunnelsystem stecken bleiben, bleibt ein Geheimnis – noch!

    Mehr über Handwerkskunst

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  • ☛ Afrikanische Kunst im St. Annen Museum in Lübeck – meine Highlights

    ☛ Afrikanische Kunst im St. Annen Museum in Lübeck – meine Highlights

    Eine Schenkung mit über 3.500 wertvollen Stücken afrikanischer Kunst. Wer bekommt sowas? Das St. Annen Museum in Lübeck. Der Kunstmäzen Bernd Muhlack vermachte dem Museum seine Privatsammlung hochwertiger Exponate.8ca658b7cd2840f18f340ed08e0e9729
    „90% Depot, 10% Ausstellung“, wie Dr. Frühsorge sich ausdrückt. Da diese Ausstellungen immer wechseln, kommen mit der Zeit alle wertvollen Stücke ans Museumslicht.

    „Weiße“ mit roter Haut

    Afrikanische Kunst im St. Annen Museum in Lübeck – Dr. Frühsorge mit Skulptur eines französischen Polizisten
    Dr. Frühwert mit einer afrikanischen Holzskulptur, ein französischer Polizist

    Im Depot zeigt Dr. Frühsorge seine Paradestücke. Nicht nur afrikanische Masken stellen die Künstler her. Sie schnitzen auch die „Weißen“, die bei den Afrikanern rot gefärbt sind. Sollte die rote Haut etwa damit zusammenhängen, dass die „Weißen“ durch den Sonnenbrand krebsrot werden? Oder weil sie zu den Cholerikern gehören und dabei vor Zorn und schlechter Laune rot anlaufen?
    Die Skulpturen zeigen sie bei ihren typische Tätigkeiten. Hier fährt ein französischer Polizist in Uniform mit finsterem Gesicht auf einem Fahrrad.

    Göttin Malsomalso oder Olle Klöterbüchse?

    Afrikanische Kunst im St. Annen Museum in Lübeck – Olle Klöterbüchse oder Göttin Malsomalso
    Afrikanischer Gott Eshu

    Eine weibliche Figur mit einem riesigen Kopfschmuck, jedoch ohne Körper. Statt dessen hängen Schnüre vom Hals herab. Schnüre mit aufgefädelten Muscheln, Hölzern und allem, was Krach macht. Wie eine Stabpuppe am Stock wird sie hin- und hergeschüttelt. Dabei stellt die Figur eine Göttin dar, und zwar eine launenhafte – mal so, mal so. Früher wurde sie als Teufel bezeichnet, was sich als falsche Deutung herausstellte.
    Ob die Idee dazu vom Richtungwechseln und dem dazugehörigen Lärm kommt? Ist sie von allen guten Geistern verlassen?

    Mobbing auf afrikanisch

    Afrikanische Kunst im St. Annen Museum in Lübeck – mobbing auf afrikanisch
    Afrikanischer Sündenbock mit Nägeln und Metallkeilen

    Ein unglücklich aussehender Mensch steckt voller Nägel und Spitzen. Bei seinem Anblick hat wohl jede Mitleid. Nicht so die Nageleinschlagenden. Er steht für einen Tunichtgut, dem viele Menschen in seiner Umgebung etwas Böses wünschen, oder zumindest nichts Gutes.
    Dieser Bösewicht wird nicht in der Realität hingerichtet, sondern in Gedanken seiner Mitmenschen schwer verletzt. Jeder, der sich durch ihn in irgendeiner Weise geschädigt fühlt, darf einen Nagel einschlagen. Verbunden mit dem Wunsch, der nichts Gutes verheißt. Diesem Aufruf sind außerordentlich viele gefolgt, denn bei dieser Person sind sogar die Nägel schon ausgegangen. Die Beschwerdeführer greifen auf andere spitze Gegenstände zurück.
    Der Mensch, der hinter der Figur steht, kann sich über Mangel an Feinden nicht beklagen.

    Holztafeln zum Lesen lernen

    Afrikanische Kunst im St. Annen Museum in Lübeck – Holztafeln zum Lesen lernen
    Holztafeln zum Lesen lernen

    In sämtlichen afrikanischen Schulen schreiben Kinder aus der Bibel oder dem Koran ab. Dabei lernen sie die Heilige Schrift auswendig und das Schreiben gleich mit. Sobald sie einen Abschnitt aus dem Gedächtnis aufsagen können, wird das Brett gesäubert und das nächste Kapitel kommt dran. Praktisch!!!

    Masken mit Stickereien aus Glasperlen

    Afrikanische Kunst im St. Annen Museum in Lübeck – Masken mit Stickereien aus Glasperlen
    Masken mit Ornamenten aus Glasperlen

    Glasperlen stehen bei uns als andere Bezeichnung für wertlosen Firlefanz, den die Kolonialherren gegen wertvolle Edelmetalle eintauschten. Von wegen! Je kleiner die Perlen sind, umso hoch angesehener sind sie für die Maskenkünstler. Afrikanische Meister sehen darin kostbares, kreatives Material, mit dem sie Ornamente entwerfen oder Schlangen, Krokodile, Masken anfertigen.

    Bringt emanzipierte Frauen auf die Palme: Afrikanischer Chauvi-Stuhl

    Afrikanische Kunst im St. Annen Museum in Lübeck – Stuhl mit Chauvi
    Afrikanischer Häuptlingsstuhl

    Ein Mann nimmt einen Stuhlsitz mit seinen ausgebreiteten Beinen ein, dazwischen sein primäres Geschlechtsorgan. Seine Hände krallen besitzergreifend die Köpfe zweier Frauen, die knieend als Ständer für seine Armlehnen dienen. Weitere Frauen tragen – zusammen mit Elefanten – den Stuhlsitz.
    Laut Dr. Frühsorge haben solche Darstellungen nichts mit prickelndem Sex zu tun, sondern sollen das Wachsen symbolisieren.
    Mein Kommentar: „Kein Kommentar!“

    Afrikanische Masken – Depot als sakrales Endlager

    Dr. Frühwert bezeichnet die Sammlung als sakrales Endlager. So recht glauben die heutigen Afrikaner nicht mehr an die alten Religionen, aber mensch kann ja nicht wissen. Wegschmeißen mag keiner die rituellen Masken. Wer weiß, ob damit nicht der Zorn der jeweiligen Gottheit geweckt wird. Verkaufen ist eine gute Option. Das Geld kann eingetauscht werden in Dinge, die Spass machen.
    Die Heiligenfigur ist damit aus dem Blickfeld. Die Tanzmaske lebt in der Ferne weiter, ohne daheim Schaden anzurichten. Die Masken können zur Not aber auch wieder zurück gekauft werden. Diese Möglichkeit beschert den Verkäufern ein gutes Gewissen.

    Noch mehr über Afrika

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  • ☛ Camera Obscura: Lübecker Holstentor schlägt einen Purzelbaum

    ☛ Camera Obscura: Lübecker Holstentor schlägt einen Purzelbaum

    Die größte begehbare Kamera der Welt steht nicht im Guinnessbuch der Rekorde, sondern vom 21.5. bis 28.8.2022 in Lübeck vor dem Holstentor. Entworfen und gebaut hat sie der Lichtkünstler Martin Streit7bbc6b9f842849399f8621c3bfd1aed3.

    Camera Obscuravon außen mit dem Lübecker Holstentor
    Dr. Dagmar Täube und Martin Streit vor der Camera Obscura, im Hintergrund das Holstentor von Lübeck

    Sie besteht aus zwei übereinander gestapelten Schiffscontainern, dazwischen führt eine Treppe zur Fotoplattform. Hier steht das Holstentor im dunklen Raum direkt vor der Besucherin, und zwar auf dem Kopf.

    in der Camera Obscura: Lübecker Holstentor auf einer Containerwand
    In der begehbaren Camera Obscura – Bild am Ende des Containers

    Wie funktioniert eine Camera Obscura?

    … je dunkler der Raum ist, umso klarer wird das Bild auf dem Tisch. Bei geschlossener Tür erkennen die erstaunten Besucher das Schloss gegenüber. Für Fotografen mit heutigen Kameras ein Aha-Erlebnis…
    weiterlesen → Camera Obscura in Marburg

    Lichtkammer oder Dunkelkammer?

    Das Holstentor in Lübeck steht nicht nur auf dem Kopf, es dreht sich um die eigene Achse. Möglich wird das mit Hilfe von zwei Schiffscontainern und einem winzigen Loch von 1-Euro-Größe, das mit einer Blende ein paar Millimeter größer oder kleiner verstellt werden kann. Dadurch überträgt sich das Holstentor – von verschwommen bis relativ scharf – in eine „Dunkle Kammer“ (Camera obscura) .
    Das Loch in der Wand ist der Brennpunkt. Die Abstände zwischen Holstentor und Loch im Container sind genau berechnet. Ebenso die Abstände zur Leinwand, auf der das Bild wiedergegeben wird. Es wirkt wie von Impressionisten gemalt.

    Holstentor macht Yoga

    Camera Obscura: Lübecker Holstentor mit Zuschauer
    Zuschauer in der Camera Obscura vor dem Bild des Holstentors

    Das Holstentor steht mannsgroß vor der Containerwand. Huch – was ist denn da passiert? Es steht auf dem Kopf und verwechselt auch noch rechts mit links. Die Leute laufen an der Decke entlang. Wäre vor dem Bild nicht die Silhouette eines Mannes, der vor mir steht, käme ich ins Grübeln.
    Yoga-Praktizierende hätten keine Probleme. Mit einem Kopfstand wäre ihre Welt wieder im Lot.

    Camera Obscura zum Mitnehmen

    Martin Streit mit der Camera Obscura im Kleinformat
    Martin Streit mit seiner handlichen Version der Camera Obscura

    Martin Streit hat noch einmal eine Camera Obscura im Miniformat gebaut – die handliche Version. Vorn ein Loch, hinten eine Digitalkamera.

    Martin Streit vor der Camera Obscura, Lübecker Holstentor
    Martin Streit vor der großen Camera Obscura, bereit zu einem Schnappschuss aus der Hüfte mit der Miniversion der Kamera

    Stellen Sie sich vor, sie schießen einen Schnappschuss aus der Hüfte. Das Loch in der Box halten Sie auf das Motiv und drücken auf den Fernauslöser der Digitalkamera. Dabei muss die Fotobox lichtdicht abgeschlossen sein, damit ein Bild erzeugt werden kann. Was dabei herauskommt, muss nicht unbedingt das sein, was Sie vor Augen hatten.

    Schönheit des Lübecker Sackbahnhofs

    Mit der Fotobox kann der Fotograf auf ein Motiv halten. Ob er es aber wirklich trifft, ist reine Glücksache. Das Bild, das die Kamera aufnimmt, ist es auch. Verschwommen, nebelig, mit einem eigentümlichen Reiz.

    Bild mit der kleinen Camera Obscura: Gleise im Lübecker Hauptbahnhof
    Ausstellung im St. Annen Museum: Lübecker Hauptbahnhof, mit der kleinen Camera Obscura fotografiert

    Lübecker Bahnhof im Nebel. Ich werde regelrecht in das Bild hineingezogen, sehe es vor meinem inneren Auge und kann es genau beschreiben. Strahlend hell die Ausfahrt, dunkle Gleise rechts und links führen in den Nebel hinein. Oberlichter wie eine Tüte voller Strahlen. Liefe vorn nicht ein Fahrgast im Nebel durchs Bild, wäre alles symmetrisch.
    Ein Zug kommt auf mich zu. Undeutlich, aber sehr realistisch löst er sich aus einem grauen Nebel heraus. Das zumindest hätte ich schwören können, bevor ich mir mein selbst geschossenes Foto angeschaut habe.
    Es muss wohl ein Geisterzug gewesen sein – na sowas!

    Mehr aus dem Museumsblog

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  • ☛ Triptychon in Lübeck: Heiligenbilder – echt menschlich

    ☛ Triptychon in Lübeck: Heiligenbilder – echt menschlich

    St. Annen Museum in Lübeck: Triptychon heißt das dreiflügelige Bild hinter dem Altar, das die Leiden Christi zeigt. Und zwar so, dass es auch diejenigen verstehen, die mit der Sprache Schwierigkeiten habenf669631b811e4dfdb1c3efdde3d96e93.

    Prachtvoller Triptychon mit den 12 Stationen des Kreuzweges

    Triptychon in Lübeck im St. Annen Museum: Dr. Dagmat Täube vor dem  Altarbild mit den 12 Stationen des Kreuzweges

    Ein besonders prachtvoller, geschnitzter Triptychon stellt die 12 Stationen des Kreuzweges dar. Durch Frau Dr. Täubes Erklärungen wird er lebendig. Hätte sie es nicht verraten, wäre wohl kaum jemand darauf gekommen, dass das 11. und 12. Bild in der Reihenfolge vertauscht ist.

    Triptychon in Lübeck im St. Annen Museum: Detail - Jesus am Kreuzweg will aussteigen

    Teilweise wirken die Darstellungen recht menschlich. Christus möchte am liebsten aussteigen, als die Soldaten mit Speeren und Dolchen hinter ihm her sind. Ein Bein hat er schon draußen. Aber wie jede weiß, die im Konfirmandenunterricht oder in der Vorbereitung zur heiligen Kommunion aufgepasst hat, packt er es nicht. Die Geschichte verläuft anders. Er wird ans Kreuz gebracht.

    Triptychon: Der Weg von der Party-Queen zur Büßerin und Beterin

    Triptychon in Lübeck im St. Annen Museum: Dr. Dagmat Täube vor dem Altarbild mit der Heiligen mit den langen Haaren

    Nicht nur der Leidensweg Christi, auch die Läuterung – derjenigen, die später heilig gesprochen werden – sind im Triptychon verewigt. Bis zum Boden reichen die goldenen Haare einer Frau, die sich für längere Zeit in die Wüste zurückgezogen hat. Ihre Locken bedecken den ganzen Körper. Lediglich die Knie sind aufgescheuert vom Knien und Beten. Engel umschwirren sie.

    Triptychon in Lübeck im St. Annen Museum: Detail aus dem Altarbild, die Heilige vor ihrer Läuterung

    Das war nicht immer so. Vorher führte sie ein ausschweifendes Leben in Saus und Braus, von einem Fest zum anderen. Diese Umkehr ist den Stiftern ein Triptychon wert.

    Triptychon und edle Spender

    So ein Triptychon ist aufwändig und teuer. Malerei oder Schnitzerei sind häufig mit echtem Blattgold dekoriert. Das stellt etwas dar. Für die reichen Kaufleute der Hanse ist die Stiftung eines Altarbildes einerseits eine Opfergabe. Sie erhoffen sich, durch diese Spende am Fegefeuer vorbei zu schlittern. Denn selbst einem ehrbaren Kaufmann kann im Laufe seines Lebens auch mal ein Ausrutscher passieren – wenn ein Geschäft gar zu günstig auf dem Wege liegt. Andererseits ist es eine Werbemaßnahme.

    Triptychon in Lübeck im St. Annen Museum: Detail - Familie mit Kindern, Steckenpferd, Hähnchenkeule, Trinkgefäss, Weintraube

    An der Prachtentfaltung des Bildes können Kirchgänger den Reichtum des Stifters ersehen. Denn wer das Bild bestellt, wird dabei abgebildet, und zwar mit der ganzen Familie. Kleidung aus Goldbrokat, die Kinder mit Steckenpferd oder beim Abknabbern einer Hähnchenkeule oder der Trunk aus einem orientalischen Gefäß. Die Weintraube wie ein Zepter in der Hand des Hausherrn – eine im Mittelalter wohl seltene Frucht.

    Triptychon in Lübeck im St. Annen Museum: Detail - Familie mit Mops

    Hunde spielen eine große Rolle. Der – von chinesischen Prinzessinnen geliebte – Mops als Schoßhündchen muss mit aufs Bild. Er macht sogar brav Männchen.

    Triptychon in Lübeck im St. Annen Museum: Detail - Heilige Familie mit Dackel

    Der deutsche Dackel, auch bekannt unter dem Namen Wadenbeißer, verbeißt sich hier lediglich in den sorgfältig drapierten goldenen Umhang des Kindes.

    Triptychon: Auferstehung wie im Comic

    Triptychon in Lübeck im St. Annen Museum: Bild-Flügel - Auferstehung wie im Comic

    Der gemalte, dreiflügelige Altar ist mein ausgesprochener Liebling.
    Ein Felsengrab vor dem Hintergrund von Burgen und Bergen, die den Lübeckern zwar fremd, aber doch irgendwie bekannt vorkommen. Die in Tücher gewickelte Leiche wird unten in die Grabkammer getragen und schwebt als heiliger Geist aus dem Loch in der oberen Etage wieder raus.
    Auferstehung im Bild, ohne Worte – wie im heutigen Comic.

    Mehr aus dem Museumsblog

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  • ☛ Weltkulturerbe: Bad Ems – Zeitreise für Geschichtsinteressierte

    ☛ Weltkulturerbe: Bad Ems – Zeitreise für Geschichtsinteressierte

    Weltkulturerbe: Bad Ems gehört seit dem 24. Juli 2021 zu den dynamischsten und internationalsten Kurstädten Europas, die unter hunderten vom Welterbekomitee ausgewählt wurden.

    Herzlichen Glückwunsch!

    Die Begründung des Welterbekommitees:

    „Das europäische Kur-Phänomen hatte seine stärkste Ausprägung zwischen 1700 und den 1930er-Jahren. „Auf Kur zu gehen“ beinhaltete dabei sowohl das Baden in als auch das Trinken und Inhalieren von Wasser aus Mineralquellen, um die herum sich alle Kurstädte entwickelten. Darüber hinaus gab es ein eng geplantes Tagesregime, das medizinische und sportliche Elemente ebenso berücksichtigte wie Muße, Unterhaltung und Sozialleben. Dieser ganzheitliche Ansatz brachte eine Architektur aus einzigartig vernetzten Innen- und Außenräumen hervor, deren Kernelemente sich auf dem ganzen Kontinent wiederfinden.“

    Wandeln auf den Spuren von Kaiser8b21c9928fe8485f8ea75a2cd5671682 Wilhelm, der Zarin Alexandra von Russland, der „Schwedischen Nachtigall“ Jenny Lind, des Komponisten Jacques Offenbach, des Schriftstellers Victor Hugo und anderer prominenten Persönlichkeiten der Zeit.

    Kaiser Wilhelm II. und (fast) der gesamte Adel logierten hier.

    Grand Hotel in Bad Ems

    Das „Staatliche Kur- und Badehaus“ war ganz nach ihrem Geschmack. Eigentlich war die Frau Kaiserin die treibende Kraft.

    Interieur im Grand Hotel von Bad Ems

    Was das Dekorative anging, war sie diejenige, die den Stil bestimmte. Sie liebte das üppig Heroische. Später wurde diese Epoche das „Wilhelminische Zeitalter“ genannt.

    Architekturen quer durch die Jahrtausende

    Bad Ems: Halle im Historismus-Stil

    Wem einiges bekannt vorkommen sollte, hat richtig gesehen. Die Säulen der Tempel in Griechenland und Italien standen Pate für nachfolgende Baustile. Zum Vorbild wurden sie in unseren Breiten erst in der Romanik; danach fürchteten die Menschen in der Gotik, dass die Türme in den Himmel wachsen könnten. In der Renaissance gingen die Gebäude in die Breite statt in die Höhe. Im Klassizismus wurde alles wieder aufgewärmt und mit dem Neoklassizismus kam die Blütezeit – aus allen vorhandenen Stilen wurde das Imposanteste herauskristallisiert, hauptsächlich Säulen.

    Goldene Zeiten kommen und gehen und kommen …

    Weltuhren in Bad Ems

    Nach dem Ende der Kaiserzeit wurde das Gebäude unterschiedlich genutzt, bis die Familie Häcker es 1999 zu neuem Leben als Grandhotel erweckte.

    Wieder war ein anderer Stil modern. Die Rückbesinnung ging zu Rundungen, wie sie im Barock, im Rokoko, im Biedermeier und schließlich im Jugendstil beliebt waren. Elemente aus verschiedenen Baustilen wurden zusammengefasst und mit dem Komfort der Jetztzeit vereint.

    Sofa und Tisch im Grand Hotel in Bad Ems

    Im Grandhotel sitzen Gäste auf kurvigen Rokokosofas an geschwungenen Tischen mit geschnitzten, goldfarbenen Tischbeinen. Insofern ist dieses Grandhotel einmalig. Es vereinigt sämtliche Baustile. Von der Architektur gradlinig heroisch, von der Einrichtung geschwungen opulent. Edle Materialien haben beide gemeinsam.

    Über allem weht ein Hauch von Nostalgie – wo sind sie nur hin, die goldenen Zeiten?

    Bad Ems zieht sich in an der Lahn entlang. Nicht nur die Heilquellen, sondern auch die lange Promenade machten den Ort so begehrt. Promenieren, also sich ständig bewegen, wurde von den Badeärzten verschrieben.

    Hotel Kaiserhof in Bad Ems

    Hier wandelten Sie entlang – Kaiser, Zaren, Könige und die übrige adlige Gesellschaft. Künstler wie Jacques Offenbach, der hier nicht nur kleinere Werke uraufführen liess, sondern auch ein Netzwerk von Förderern um sich scharte.

    Dostojewski-Gedenkplatte im Boden in Bad Ems eingelassen

    Aus eigener Erfahrung als Spielsüchtiger schrieb Dostojewski seinen Roman „Der Spieler“. Im Nachhinein sind die Bad Emser stolz auf ihren berühmten Gast. „Der Spieler“ wurde später zu einer Opernvorlage für Sergei Prokofjew.
    Alexander Puschkin verfasste ebenfalls eine Erzählung von einer spielsüchtigen alten Dame, die Tschaikowsky als Oper unter dem Namen „Pique Dame“ vertonte.

    Bad Ems bewirbt sich gerade um die Anerkennung als UNESCO-Weltkulturerbe für das historische Kurviertel. Die einzigartig erhaltene Bäderarchitektur macht den Kurort zu einem Kleinod unter den bedeutenden Badeorten des 19. Jahrhunderts.


    Weiterführende Informationen

    Das Lahntal
    Die Eindrücke  formten sich im Rahmen der Pressereise unter dem Motto „Fürstlich durch das Lahntal“
    Herzlichen Dank für die fachkundigen Rundgänge und die hervorragende Organisation.