Schlagwort: Bühnenbild

  • ♫ Lucia di Lammermoor: Schnörkellose Konzentration auf das Wesentliche

    ♫ Lucia di Lammermoor: Schnörkellose Konzentration auf das Wesentliche

    Lucia di Lammermoor“ Belcanto-Oper von Gaetano Donizetti

    10 Jahre sind inzwischen seit der Aufführung vergangen. Die Erinnerung an eine beeindruckende Inszenierung in der Oper Stuttgart bleibt. Kostüme und Bühnenbild von Olga Motta.

     Weiß strahlt das Empire-Kleid der Lucia (Ana Durlovski), zum Ende hin mit Blut befleckt. So rot wie die Rosen, die an ihrem Hochzeitstag gestreut werden, leuchtet der überdimensionale Schal, ein x-meterlanger Seidenläufer, den Lucia von Anfang bis zum Ende hinter sich herzieht. Dieses lange, blutrote Seidenband begleitet sie zu ihrem Date mit Edgardo (Dmytro Popov), symbolisiert ihre Liebe. Bei der Hochzeit mit Arturo (Joel Prieto) deutet er eine Blutspur an, fällt bei ihrem Tod vom Himmel herab und hüllt sie ein.

    Sir Edgardo di Ravenswood dagegen, ihr Geliebter (Dmytro Popov), erscheint im schwarzen Anzug mit weissem Hemd, schwarzem Umhang, schwarzem Reisehut. Lord Arturo Bucklaw (Joel Prieto), Lucias späterer Bräutigam, tritt ganz in Weiss auf, vom Zylinder bis zu den Schuhen.

    Von Silbergrau bis Anthrazit kleiden sich die übrigen Darsteller. Lord Enrico Ashton (Tito You) , Lucias Bruder, rote Haare, ganz in Grau; Alisa, Lucias Vertraute (Pia Liebhäuser), Schwarz bis Dunkelgrau; Raimondo Bidebent, Erzieher und Vertrauter Lucias (Liang Li), weisshaarig im grauen Gewand; Normanno, Hauptmann der Truppen von Ravenswood (Hans Kittelmann), kommt Grau-Schwarz daher – durch seinen scharfe Hut gut von den anderen zu unterscheiden.

    Ebenfalls von Farbe und Form auf das Wesentliche reduziert Olga Motta die Kostüme des Chors. Die Kostüme der Hochzeitsgäste changieren in allen möglichen Grau-Tönen wie Blaugrau, Violettgrau, Grüngrau. So bildet der Chor keine Masse, sondern eine Ansammlung von Individuen.

    Gedeckt sind die Tische der Hochzeitsgesellschaft mit weissen Tüchern. Drum herum falten die Chordamen Servietten, die von Weiss allmählich zu Blutrot übergehen. Auf dieser Tafel, durch diese Tücher, wird Lucia in ihrer Wahnsinnsarie schreiten, ihren Schal-Teppich-Läufer aus blutroter Seide hinter sich herziehend.

    Bühnenbild

    Wie überdimensionale Triumphbögen erscheinen die Kulissen, oder wie Kulissen in einem Barocktheater (ohne Bäume und Türme), oder wie ausgeschnittene Schuhkartons der Kindertage in Überdimensional, verjüngen sich nach hinten und erzeugen Tiefe und Perspektive. Am Ende dieser Kulissen-Allee leuchtet ein grosser Mond. Er geht auf, wird voller und nimmt wieder ab. Auf- und Abnehmen des Mondes symbolisiert die vergangene Zeit, die die beiden Liebenden gerade besingen. Denken sie an den Abschied, schiebt sich eine immer schwärzer werdende Wolke davor und verdunkelt den Mond.

    Übrigens: eine hervorragende Lichtregie von Reinhard Traub, der mit Licht malt wie andere mit dem Pinsel. Bilder dieser Oper verbinden sich mit der Musik und hallen noch lange nach.
    Eine gelungene Aufführung.

    Schnörkellose Konzentration auf das Wesentliche
    Farbige Oper in Rot-Schwarz-Grau-Weiß

    Lucia di Lammermoor
    Belcanto-Oper von Gaetano Donizetti
    an der Staatsoper Stuttgart
    Musikalische Leitung Patrick Fournillier
    Regie, Bühne und Kostüme Olga Motta
    Licht Reinhard Traub
    Chor Michael Alber
    Dramaturgie Angela Beuerle

    Besetzung
    Enrico Tito You
    Lucia Ana Durlovski
    Edgardo Dmytro Popov
    Arturo Joel Prieto
    Raimondo Liang Li
    Alisa Pia Liebhäuser
    Normanno Hans Kittelmann


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    Lucia die Lammermoor:
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  • ♫ Feuriger Bühnenzauber für den Tyrannen Lucio Silla

    ♫ Feuriger Bühnenzauber für den Tyrannen Lucio Silla

    Bühnenzauber – wirkungsvoller Anfang.

    Sobald sich der Vorhang hebt, gibt er einen purpurroten Samt03f3297b5e104babbedd1e89d45382c4vorhang (wie bei einer Barockoper) frei, der sich langsam zusammenrafft und öffnet.  Sichtbar wird ein bühnengroßer, goldener Barock-Bilderrahmen, innen schwarz. Allmählich fällt Licht auf die Personen des nachfolgenden Stückes, die wie auf einem Familiengemälde dieser Zeit posieren. Hinten stehen Richter – mit roten Samtroben – und andere Chormitglieder, vorn sitzen sich die beiden weiblichen Hauptfiguren gegenüber. Sie schauen ins Publikum, ihre barocken Kleider mit weiten Reifröcken in Hellblau und in Rokoko-Rosa bauschen sich nach rechts und links.
    Vor dem Bilderrahmen wartet der Tod, der in dieser Inszenierung allgegenwärtig ist.

    Feurig, feurig – Bühnenzauber mit viel Feuer auf der Bühne.

    Feuerwerk

    Feuer kann sowohl wärmen als auch zerstören.  Cecilio Tina Hörhold entfacht überdimensionale Wunderkerzen, mit denen er Achten malt. Giuna Simone Schneider stellt während ihrer Unterhaltung mit Lucio Silla Burkhard Fritz Grablichter auf. Celia Julia Sukamanova zündet auf dem Kuchen Geburtstagskerzen für ihren Bruder Lucio an. Der Totengräberchor trägt Fackeln mit richtig flackerndem Feuer, schreitet zur Hälfte von rechts und links. Lichter überschneiden sich im Dunkeln.

    Lucios Kostüm

    Die Bühne ist vollkommen dunkel, der Boden leuchtet blau. Licht fällt nur auf die Personen und lässt dadurch die farbenfrohen Kostüme strahlen. Wenn Lucio Silla Burghardt Fritz an- und ausgekleidet wird, glänzt sein Brustschild metallisch. Seinen Mantel ziert eine purpurrote Schärpe, die er elegant – wie Johannes Heesters seinen Schal – über die Schulter wirft.

    Fruchtfleischfarben

    Die beiden Männer sind besetzt mit Sängerinnen in Hosenrollen, und was für Hosen – beide in klaren, kräftigen Fruchtfleischfarben. Cecilio Tina Hörhold im Barockkostüm, Wams, Mantel, Hose, Hose, Strümpfe, Stulpenschuhe in Himbeer- bis Kirschrot.
    Cinnas Ina Kancheva Schuhe dagegen leuchten zitronig, der Wams orangig, der Dreispitz aprikosig.

    Sterben in Schwarz-Weiss

    Sterbeszene im Schnee. Es schneit unaufhörlich große Flocken. Der schwarze Tod Christian Wirmer deckt am Ende alles mit weißen

    Mitwirkende an dieser Inszenierung

    Wolfgang Amadeus Mozart
    Lucio Silla
    Dramma per musica in drei Akten
    Libretto von Giovanni de Gamerra.

    Staatsoper Stuttgart

    Musikalische Leitung: Sébastien Rouland
    Regie, Bühne und Kostüme: Olga Motta
    Licht: Claus Ackenhausen
    Chor: Johannes Knecht
    Dramaturgie: Albrecht Puhlmann

    Besetzung am 8. Mai 2009:
    Lucio Silla: Burkhard Fritz
    Giunia: Simone Schneider
    Cecilio: Tina Hörhold
    Cinna: Ina Kancheva
    Celia: Julia Sukamanova
    Der Tod: Christian Wirmer

    Lucio Silla:
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  • ♫ Ballett Schwanensee – Gesamtkunstwerk in der Stuttgarter Staatsoper

    ♫ Ballett Schwanensee – Gesamtkunstwerk in der Stuttgarter Staatsoper

    Musik von Peter Iljitschbf6b96694cae42f1a8da0deee5128be5 Tschaikowski, Choreographie von John Cranko, perfekt getanzt vom Stuttgarter Ballett, opulentes Bühnenbild und Kostüme von Jürgen Rose – in beliebiger Reihenfolge.

    Foto © Stuttgarter Ballett
    Foto © Stuttgarter Ballett

    Schwanensee, das bedeutet klassisches Ballett mit viel Spitzentanz, Pirouetten, große Sprünge, Pas de deux, Drehung in der Luft.  Wenn die Schwäne in ihren weißen Tutus ihre Arme hochstrecken und mit den Händen in eine Richtung schauen, auf den Schwanensee, bedeutet für viele Zuschauer BALLETT überhaupt. Allerliebst tanzen die kleinen Schwäne den Schwanentanz, mit verkreuzten Armen, kleinen Trippelschritten und dem Kopfnicken in verschiedene Richtungen. Die Stuttgarter Ballettkompanie beherrscht die Tanztechniken perfekt.


    Nicht nur als Tänzer sind sie gefragt, sondern auch als Schauspieler.

    Foto © Stuttgarter Ballett
    Foto © Stuttgarter Ballett

    Prinz Siegfried (Friedemann Vogel) enthüllt sich sorglos als junger Spund, der sich gern amüsiert, aber keine Lust zum Regieren zeigt. Am Festtag liefert er einen juchzenden Freudentanz ab, als er in Odile die Schwanenprinzessin wieder zu erkennen glaubt.
    Alicia Amatriain tanzt zackig Odiles Triumph, wenn sie Siegfried mit ihren gefährlichen Reizen becirct und auf ihrer Seite weiß. Ebenso zeigt sie Odettes Trauer mit gesenktem Kopf und hilflosen Handbewegungen, als sie vom bösen Rothbart wieder ins Reich der Schwäne gezogen wird und den sterbenden Siegfried allein lassen muss.
    Rothbart (Nikolay Godunov) tanzt den Bösen mit stürmischer Energie. Die Schmucksteine auf seinem Harnisch blitzen im Scheinwerferlicht auf, wenn er seine Pirouetten dreht. Seine schwarze Seidenschärpe flattert bei jedem Schritt und Sprung in der Luft weiter nach. Besitz ergreifend hüllt er damit sogar Odile und Odette ein.
    Gute Laune besitzen die Landleute, mit denen sich Siegfried vor seinem Geburtstag vergnügt. Besonders tut sich Siegfrieds Erzieher (Mikhail Soloviev) hervor, der gern und viel trinkt und sowohl von den anderen geneckt wird als auch seinen eigenen Schabernack treibt, besonders mit der Haushälterin – eine Milieustudie mit lachenden Gestalten. Die Landmädchen nutzen die Gelegenheit, mit dem Prinzen zu tanzen – und natürlich auch, um ihre Tanzkunst vorzuführen.
    Besondere Vorführungen bieten die Delegationen aus vier verschiedenen Ländern, die ihre Prinzessinnen dem Prinzen zur Frau anbieten.

    Wiederaufnahme in der Oper Stuttgart am 1. Dezember 2011

    Foto © Stuttgarter Ballett
    Foto © Stuttgarter Ballett

    Choreographie von John Cranko – ein Klassiker im Ballettmuseum.
    1963, also vor fast einem halben Jahrhundert, schuf John Cranko diese wegweisende Choreographie. Bis zur heutigen Spielzeit wird sie unverändert vom Stuttgarter Ballett getanzt. Wer sich um Karten bemüht, liest: „Ausverkauft – evtl. Restkarten an der Abendkasse“

    So sehr die Arbeit John Crankos auch gewürdigt wird und so viel dieses Ballett ständig ausverkauft ist…

    ☛ Ballett Schwanensee – Gesamtkunstwerk in der Stuttgarter Staatsoper © Stuttgarter Ballett
    ☛ Ballett Schwanensee – Gesamtkunstwerk in der Stuttgarter Staatsoper © Stuttgarter Ballett

    Es wäre einmal Zeit für eine Neuinterpretation mit heutiger Formensprache und Ausstattung. Das heißt durchaus nicht, dass diese wunderschöne Inszenierung jetzt abgesetzt und eingemottet werden soll – im Gegenteil! Wenn es zwei „Schwanenseen“ zur Auswahl gäbe, würden viele Ballettbesucher sowohl in die klassische als auch die moderne Fassung besuchen, davon bin ich felsenfest überzeugt!

    Liebes- und Leidensgeschichte der verzauberten Prinzessin Odette zum Prinzen Siegfried
    Foto © Stuttgarter Ballett

    Schwanensee:

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  • Oper Stuttgart: Fest zu Beginn der Spielzeit

    Oper Stuttgart: Fest zu Beginn der Spielzeit

    Informationen zum Programm der Spielzeit 2017/18 – hören & sehen – mitmachen – Blick hinter dieee5934bf9f6d4e69bbc58e864cadfee2 Kulissen. Diese Veranstaltung nach der Sommerpause, vor Beginn der neuen Spielzeit, wird von Jahr zu Jahr immer beliebter. Sonne von morgens bis abends – das wirkt als ein Omen!

    Banda-Konzert gemeinsam mit jungen Musikern

    Junge Musiker beim Fest der Oper Stuttgart

    Vor dem Opernhaus spielt ein Orchester mit jungen Bläsern, geleitet vom Dirigenten Georg Fritzsch, der in die Oper „Hänsel und Gretel“ dirigieren wird. Bläser des Staatsorchesters Stuttgart mischen zwischen die jugendlichen Hornisten, Posaunisten, Klarinettisten, Flötisten, Fagottisten, Trompeter.
    Deutlich ist zu hören, dass die Nachwuchsmusiker den Schlusssatz des Dirigenten beherzigten. Nach der Generalprobe soll er ihnen mit auf den Weg gegeben haben: „Jetzt nehmt ihr euch heute alle noch einmal die Noten vor. Wir spielen hier in der Oper, nicht im Zirkus.“

    Blick hinter die Kulissen – so entsteht Illusion.

    Malsaal der Oper stuttgart

    Zuschauer sehen immer nur einen kleinen Teil, nämlich das, was auf der Bühne vor sich geht. Einen kleinen Einblick erhalten die neugierigen TheaterEnthusiasten bei den Führungen durch die Werkstätten. Im Malsaal entstehen auf dem Fußboden Bilder, die den ganzen Bühnenhintergrund einnehmen.

    Volles Programm auf der Außenbühne.

    Schauspielerin mir Vogelhut

    Der „Karneval der Tiere“ mit Musik von Camille Saint-Saëns ist immer ein Knaller. Es gibt unzählige Bearbeitungen, von denen die Musiker eine Fassung für kleine Besetzung spielen. Von den „Fischen“ bis zum „Löwen“ veranschaulichen Gedichte die Musikstücke. Anders als die traditionelle Fassung, aber passend. Und da die Vorleserin in ihren Pausen immer ein paar Bonbons fallen lässt, bildet sich bald eine Kindertraube am rechten Bühnenrand.

    425 Jahre alt wird das Staatsorchester der Oper Stuttgart in diesem Jahr.

    Das muss gebührend gefeiert werden. Angehende Konzertbesucher erfahren, was sie in der kommenden Spielzeit erwartet.

    Oper Stuttgart:

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  • ♫ Bayreuth 2017: Meistersinger im Salon der Villa Wahnfried

    ♫ Bayreuth 2017: Meistersinger im Salon der Villa Wahnfried

    Spielfreudige Sänger, glänzend bei Stimme, in Verbindung mit einem herausragenden46cd7ca5ef604994ba736610a9f32797 Orchester. Ein romantisches Bühnenbild, Kostüme wie aus den Gemälden alter Künstler – das bieten die Meistersinger von Nürnberg in der Inszenierung von Barrie Kosky bei den Bayreuther Festspielen 2017.

    Mitten im Salon von Richard und Cosima Wagner spielt die Oper.

    Auf der Bühne (Rebecca Ringst) steht der Salon des Hauses Wahnfried – einschließlich Bücherschrank und Seidentapete – den alle Wagnerianern kennen. Ein gut gelaunter Richard Wagner tritt ein, gekleidet mit Barrett, weißer Hose, Samtjacke mit Seidenbesatz und Seidenfliege, wie wir ihn von Bildern kennen. Seine beiden Hunde führt er an der Leine, gefolgt von Boden wischenden Stubenmädchen.
    Cosima pflegt ihre Migräne, denn sie erwarten ihren Vater Franz Liszt sowie den Dirigenten Herrmann Levi. Mit Eigentümlichkeiten des Komponisten – wie dem Klavierspiel in Konkurrenz mit seinem Schwiegervater – vergeht das Vorspiel. Lacher erklingen bei Wagners Extravaganzen.
    Fließend verläuft der Übergang von Franz Liszt zu Veit Pogner (Günther Groissböck mit behäbigem Tonfall in der Stimme, wie es sich für einen altehrwürdigen Prinzipal gehört). Cosima stellt sich um zu seiner Tochter Evchen (Anne Schwanewilms). Richard Wagner wird zu Hans Sachs (stimmgewaltiger Michael Volle, melodisch von Anfang bis zum feierlichen Schluss). Hermann Levi wechselt zum Beckmesser (Hans Martin Kränzle entwickelt sich vom überheblichen zum gedemütigten Eigenbrötler).

    Klavier mit unbeschränktem Fassungsvermögen.

    Mit Getöse klappt der Deckel des Flügels auf. Heraus kommen Richards, von sehr jung bis mittelalt. Einer davon entpuppt sich als der ankommende Walter von Stolzing (Klaus Florian Vogt), der Cosima/Evchen den Hof macht. Der andere mutiert zu David (schwärmerischer Daniel Behle), dem Schustergesellen, der davon träumt, selbst einmal Meister zu werden.Ebenfalls dem Flügel entsteigen die Meister, jeder ein Original. Sie tragen ähnliche Kostüme (Klaus Bruns), wie Wagner sie für seine Uraufführung entwerfen ließ. Viel Samt, viel Seide, bestickte Ärmel, Knickerbocker mit bequemen Faltenstreifen, Goldketten. Sämtliche Honoratioren führen ein Eigenleben, von immerhungrig bis geltungssüchtig, sich vordrängelnd, anbiedernd, mit Schubsen, Lachen, Kichern. Der Schluss des Aktes nimmt fast die Prügelszene voraus.

    Grüne Wiese statt dunkle Schusterstube.

    Begrenzt wird der mit Unkraut umsäumte Wiesengrund von getäfelten Wänden.  Hans Sachs führt vertrauliche Dialoge. Klaus Florian Vogts unverwechselbare Stimme kommt als Stolzing vollumfänglich zur Geltung. Evchen übertreibt als hüpfendes Mädchen; mag ein Ausdruck von Verliebtheit sein. Beckmesser grübelt einen passenden Schlachtplan aus.

    Der dritte Akt sorgt für Überraschung.

    Das Bühnenbild zeigt den Gerichtssaal der Nürnberger Prozesse. Sollte jetzt etwa nach dem bezaubernden Musiktheater ein GeschichtsAufarbeitungsVersuch starten?

    Schnarch!

    Stattdessen jedoch füllen sich die Bänke mit Nürnberger Bürgern, gekleidet im Stil des 16 Jahrhunderts. Sie stellen das Publikum für den Sängerwettstreit dar. Jedes Kleid, jeder Wams, jede Kappe ein Unikat. Eine Augenweide für Sehleute.
    Beckmesser und Stolzing treten als Konkurrenten gegeneinander an. Hörbar die beiden Pole von Will-und-kann-nicht und Lieblichkeit. Der Sängerwettstreit endet mit der Siegerehrung, dem großen Auftritt des Chores.

    Der Clou kommt noch.

    Als Hans Sachs das berühmte Meisterlied anstimmt, wird er von allen Mitwirkenden verlassen. Nur das Orchester im Graben begleitet ihn weiter – irgendwie traurig. Langsam hebt sich die Rückwand. Von weit hinten kommt ein Podest in Bühnenbreite gefahren. Vorn sitzt ein Orchester mit singenden Streichern, in der Mitte ein paar Bläser zur Verstärkung, hinten der Chor. Nicht in Samtjacken mit Puffärmeln, sondern wie im Oratorienkonzert die Damen in schwarzen Kleidern, Herren in Anzügen. Die Musik wird lauter, je näher sie kommen. Die Meistersinger gelten allgemein als Choroper. Das hat der Festspielchor unter der Leitung von Eberhard Friedrich bis zum Schluss mit seiner Darstellung und dem Gesang bewiesen.
    Mit Pathos endet die Oper, wie es Wagner beabsichtigt hat.

     

    Bayreuther Festspiele 2017: Die Meistersinger von Nürnberg, komische Oper von Richard Wagner

    Musikalische Leitung – Philippe Jordan
    Regie – Barrie Kosky
    Bühne – Rebecca Ringst
    Kostüm – Klaus Bruns
    Chorleitung – Eberhard Friedrich
    Dramaturgie – Ulrich Lenz
    Licht – Franck Evin

    Besetzung am 25. Juli 2017
    Hans Sachs, Schuster – Michael Volle
    Veit Pogner, Goldschmied – Günther Groissböck
    Kunz Vogelgesang, Kürschner – Tansel Akzeybek
    Konrad Nachtigal, Spengler – Armin Kolarczyk
    Sixtus Beckmesser, Stadtschreiber – Johannes Martin Kränzle
    Fritz Kothner, Bäcker – Daniel Schmutzhard
    Balthasar Zorn, Zinngießer – Paul Kaufmann
    Ulrich Eisslinger, Würzkrämer – Christopher Kaplan
    Augustin Moser, Schneider – Stefan Heibach
    Hermann Ortel, Seifensieder – Raimund Nolte
    Hans Schwarz, Strumpfwirker – Andreas Hörl
    Hans Foltz, Kupferschmied – Timo Riihonen
    Walther von Stolzing – Klaus Florian Vogt
    David, Sachsens Lehrbube – Daniel Behle
    Eva, Pogners Tochter – Anne Schwanewilms
    Magdalene, Evas Amme – Wiebke Lehmkuhl
    Ein Nachtwächter – Georg Zeppenfeld

     

    Die Meistersinger von Nürnberg:
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  • ♫ Ballett Stuttgart: The Lady and the Fool – fast zu schön, um wahr zu sein

    ♫ Ballett Stuttgart: The Lady and the Fool – fast zu schön, um wahr zu sein

    Die Zuschauer erleben ein Handlungsballett von der Liebe einer reichen Schönen zu einem wohnsitzlosen Clown.

    Sehr elegant, sehr klassisch, die Wiederaufnahme von John Crankos 1954 entstandenem Ballett.

    Die beiden Freunde Moondog und Bootface teilen alles.

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    Sie teilen die Parkbank zum Schlafen, Schals, Mäntel und Socken gegen die Kälte der Nacht. Sie gehen durch dick und dünn. Als Beide sich ausdrucksstark um eine Rose streiten, teilt der Sieger Moondog (Filip Barankiewicz) die Blütenblätter. Er gibt das letzte Blatt dem unterlegenen Bootface (Arman Zazyan). Beide ziehen Arm in Arm ab.


    Doch da kommt die schöne Lady dazwischen.

    Wenn die Lady (Maria Eichwald) sich vor lauter Langeweile über ihr eintöniges Leben – immer nur Bankette und Bälle – den Frust von der Seele tanzt, vollführt sie das ausgesprochen elegant, leidenschaftlich leidend. Sie tanzt so hinreißend, dass alle Herren nur Augen für sie haben. Das geht so weit, dass deren Tanzdamen sich genötigt sehen, ihnen von hinten die Augen zuzuhalten. Die Lady hat genügend Verehrer, die ihr den Hof machen. Jeder möchte ihr mit noch höheren Sprüngen imponieren, doch sie begehrt nur einen der beiden Freunde.

    Alle drei Verehrer geben ihr Bestes.

    Der elegische Prinz (Evan McKie), dem alles zu viel wird vor lauter Interessenlosigkeit. Der souveräne Gastgeber (Damiano Pettenella), der sich etikettenbewußt präsentiert. Der forsche, zackige Offizier (Roman Novitzky), der zeigt, dass er mehr als eine Frau lieben kann und will. Belagert werden sie von den beiden heiratswilligen Damen (Magdalena Dziegielewska, Katarzyna Kozielska), die jedem Frackzipfel hinterhertanzen. Leider werden sie von den drei Herren nur als zweite Wahl angesehen.

    Hinreißend ist das Solo der Lady.

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    Sie nimmt ihre Maske ab für ihren Befreiungstanz. Moondog, der die Gebräuche noch nicht so kennt, beobachtet sie. Jeder der drei Herren hätte sich diskret zurück gezogen – Moondog zieht ihr neugierig die rasch vorgehaltene Maske vom Gesicht. Das imponiert der Lady – sie verliebt sich in den Clown. Er schafft es tatsächlich, die feine Gesellschaft zurück zu drängen. Die Lady zieht mit ihm ab, aber Moondog dreht sich nach seinem Freund um und reicht ihm die Hand. An seinem Mantelzipfel trottet Bootface hinter den beiden her.

    Und was macht die feine Gesellschaft?

    Sie macht das, was sie am Besten kann – sie tanzt. Als herauskommt, dass die Lady es mit Moondog ernst meint und ihm hinaus in die Nacht folgt, staksen sie lautstark auf Zehenspitzen – mit missbilligendem Kopfschütteln – aus dem Saal.

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    Für drei Personen ist kein Platz auf der Parkbank.

    Die Lady bettet sich auf Moondogs Schoß und schubst Bootface herunter – auf äußerst zarte und elegante Weise. Erst will er sich rächen, dann deckt er ihre Füße mit einem Schal zu, wie er es auch bei Moondog getan hat. Danach legt er sich zum Schlafen auf den Boden.

    Nicht nur das Ballett, sondern auch die Ausstattung von Astrid Behrens – neu 2011 – ist Geschichte.In dieser Zeit bestanden die Bühnenbilder aus überdimensionalen Würfeln und Ziegelsteinen oder Mischformen aus beiden. Genau solche – in neutralem Grau – stehen an den Seiten und im Hintergrund. Sowohl Choreographie als auch Bühnenbild sind doppelter Hinsicht lebendiges Ballettmuseum, wie es wohl in dieser Perfektion außerhalb Stuttgarts nicht so häufig anzutreffen ist.


     

     The Lady and the Fool – CHOREOGRAPHIE | John Cranko
    MUSIKALISCHE LEITUNG | James Tuggle
    Staatsorchester Stuttgart
    MUSIK | Guiseppe Verdi, arrangiert von Charles Mackerras
    AUSSTATTUNG | Astrid Behrens

    Fotos | Ballett Stuttgart

    Besetzung am 25. April 2012
    LADY|Maria Eichwald *
    MOONDOG | Filip Barankiewicz *
    BOOTFACE |Arman Zazyan
    GASTGEBER | Damiano Pettenella * (Besetzungsänderung)
    OFFIZIER | Roman Novitzky *
    PRINZ | Evan McKie

    Weitere Handlungsballette von John Cranko

    Onegin – die Geschichte vom Aufstieg eines häßlichen Entleins zum schönen Schwan

    Und vom gleichzeitigen Fall eines schönen Gockels zum … – na ja, schauen Sie selbst →

     

    Schwanensee – die Geschichte der verzauberten Schwanenprinzessin Odette und der falschen Schwanenprinzessin Odile

     

  • ♫ Rückblick: Lucio Silla – feuriger Bühnenzauber für den Tyrannen

    ♫ Rückblick: Lucio Silla – feuriger Bühnenzauber für den Tyrannen

    Lucio Silla03f3297b5e104babbedd1e89d45382c4 von Wolfgang Amadeus Mozart
    Staatsoper Stuttgart

    Wirkungsvoller AnfangBühnenbild und Kostüme von Olga Motta

    Sobald sich der Vorhang hebt, gibt er einen purpurroten Samtvorhang (wie bei einer Barockoper) frei, der sich langsam zusammenrafft und öffnet.  Sichtbar wird ein bühnengroßer, goldener Barock-Bilderrahmen, innen schwarz. Allmählich fällt Licht auf die Personen des nachfolgenden Stückes, die wie auf einem Familiengemälde dieser Zeit posieren. Hinten stehen Richter – mit roten Samtroben – und andere Chormitglieder, vorn sitzen sich die beiden weiblichen Hauptfiguren gegenüber. Sie schauen ins Publikum, ihre barocken Kleider mit weiten Reifröcken in Hellblau und in Rokoko-Rosa bauschen sich nach rechts und links.
    Vor dem Bilderrahmen wartet der Tod, der in dieser Inszenierung allgegenwärtig ist.


    Feurig, feurig – Bühnenzauber mit viel Feuer auf der Bühne. Feuer kann sowohl wärmen als auch zerstören.  Cecilio Tina Hörhold entfacht überdimensionale Wunderkerzen, mit denen er Achten malt. Giuna Simone Schneider stellt während ihrer Unterhaltung mit Lucio Silla Burkhard Fritz Grablichter auf. Celia Julia Sukamanova zündet auf dem Kuchen Geburtstagskerzen für ihren Bruder Lucio an. Der Totengräberchor trägt Fackeln mit richtig flackerndem Feuer, schreitet zur Hälfte von rechts und links. Lichter überschneiden sich im Dunkeln.

    FeuerzauberLucios Kostüm – Die Bühne ist vollkommen dunkel, der Boden leuchtet blau. Licht fällt nur auf die Personen und lässt dadurch die farbenfrohen Kostüme strahlen. Wenn Lucio Silla Burghardt Fritz an- und ausgekleidet wird, glänzt sein Brustschild metallisch. Seinen Mantel ziert eine purpurrote Schärpe, die er elegant – wie Johannes Heesters seinen Schal – über die Schulter wirft.

    Fruchtfleischfarben – Die beiden Männer sind besetzt mit Sängerinnen in Hosenrollen, und was für Hosen – beide in klaren, kräftigen Fruchtfleischfarben. Cecilio Tina Hörhold im Barockkostüm, Wams, Mantel, Hose, Hose, Strümpfe, Stulpenschuhe in Himbeer- bis Kirschrot. Cinnas Ina Kancheva Schuhe dagegen leuchten zitronig, der Wams orangig, der Dreispitz aprikosig.

    Sterben in Schwarz-Weiss – Sterbeszene im Schnee. Es schneit unaufhörlich große Flocken. Der schwarze Tod Christian Wirmer deckt am Ende alles mit weißen Leichentuch.


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    Mitwirkende an dieser Inszenierung

    Wolfgang Amadeus Mozart
    Lucio Silla
    Dramma per musica in drei Akten
    Libretto von Giovanni de Gamerra.

    Staatsoper Stuttgart

    Musikalische Leitung: Sébastien Rouland
    Regie, Bühne und Kostüme: Olga Motta
    Licht: Claus Ackenhausen
    Chor: Johannes Knecht
    Dramaturgie: Albrecht Puhlmann

    Besetzung am 8. Mai 2009:
    Lucio Silla: Burkhard Fritz
    Giunia: Simone Schneider
    Cecilio: Tina Hörhold
    Cinna: Ina Kancheva
    Celia: Julia Sukamanova
    Der Tod: Christian Wirmer

    Lucio Silla:
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  • ♫ Bayreuth 2014: Walküre – verlangt Multitasking vom Publikum

    ♫ Bayreuth 2014: Walküre – verlangt Multitasking vom Publikum

    Nach dem Vorabend Rheingold aus dem Ring14ddf4c515fa48a2849c8a348cc39e08 des Nibelungen setzt Frank Castorf in der Walküre neue Akzente. Er teilt seine Liebe zum Film mit über Tausend Zuschauern des Bayreuther Festspielhauses. Musikalisch setzt sich das hohe Niveau des Rheingoldes fort.

    Wasser im Foyer des Bayreuther Festspielhauses
    Ein furioser Wolkenbruch kurz vor der Vorstellung stimmt mit Donner, Blitz und Hagel auf den Walkürenritt ein.

    Nach dem aberwitzig schnellen Beginn des ersten Aufzuges – stürmisch – lässt Kirill Petrenko auch den lyrischen Passagen genügend Freiraum, sich zu entfalten. Aufhorchen lässt das klang-intensive Violoncellosolo (Nikolas Traub)
    Die Bühnenaufbauten von Aleksandar Denić sind schon für sich sehenswert, siehe ♫ Der neue Ring – Musik, Bühne, Regie .
    Zur Erinnerung: ♫ Inhalt / Handlung: Walküre

    Hundings Hütte macht ihrem Namen alle Ehre. Sie besteht aus einem simplen Bretterverschlag mit einem Putengehege. Der Hausherr kommt von seiner Jagd, in der Hand einen Speer, auf dem ein Schrumpfkopf als Trophäe thront. Kwangchul Young mit seinem schwarzen Bass mimt Hunding brutal und böse.
    Während Hunding Siegmund ins Bockshorn jagt, bleibt Sieglinde (Anja Kampe) für die Zuschauer sichtbar auf einer großen Leinwand. Das Zubettgehen der Eheleute im Innersten des Hauses ist ebenfalls auf der Leinwand zu verfolgen. Hunding schläft ein und träumt von Nothung, dem Schwert, das Siegmund ganz selbstverständlich aus einem Hackklotz herauszieht. Sieglinde tanzt damit freudig herum, während Siegmund lieber in Deckung geht. Wie in jeder guten Beziehung ziehen sich Gegensätze an. Sieglinde ist die Aktive. Sie richtet ihm die Strohballen hin, besorgt ihm zu trinken, probiert das Schwert aus, zieht ihn in die Freiheit. Mit strahlend klarer Stimme, ausdrucksstark, agil und spielfreudig. Johan Botha als Siegmund punktet mit seiner schönen wandlungsfähigen Stimme, besonders in den lyrischen Szenen. Sage einer, er hätte darstellerisch nichts drauf! Den Erschöpften mimt er wie kein zweiter – lebensecht, wie er sich von einem Strohballen zum anderen plumpsen lässt. Sobald Siegmund vom Wonnemonat singt, läuft auf der übergroßen Leinwand ein Film ab. Eine Frau im Negligé löffelt genüsslich eine Torte in sich hinein, packt ein Kleid aus und passt es sich an, während sie telefoniert. Wozu??!

    Richard-Wagner-Opernführer - aktuell mit den neusten Bayreuther Inszenierungen 2014
    NEU in der 4. Version des aktualisierten Ebook-Opernführers: Bayreuther Festspiele 2014 – Rezensionen von Holländer, Tannhäuser, Lohengrin und dem Ring des Nibelungen: Rheingold, Walküre, Siegfried, Götterdämmerung

    Diese Inszenierung ist insofern ausgesprochen zeitgemäß, da sie Multitasking vom Publikum verlangt. Multitasking heißt, verschiedene Dinge auf einmal zu erledigen – also telefonieren, Emails beantworten, Fingernägel lackieren; und das alles während des rückwärts Einparkens. In unserem Falle heißt das: Filme anschauen, Arbeiter an historischen Maschinen beobachten, dem Inhalt der Oper folgen, auf die Musik hören. Das können nur Frauen – aber leider nicht alle.
    Im großen Dialog von Fricka und Wotan, in dem Wotan (Wolfgang Koch) eine Niederlage einstecken muss und Fricka (Claudia Mahnke) triumphiert, passiert auf der Bühne so einiges. Die beiden treffen sich vor einer riesigen Scheune, in der Handwerker an historischen Maschinen arbeiten. Dazwischen wird Material angeliefert. Im Hintergrund läuft auf der Scheunenwand ein Film. Anscheinend handelt es sich um historischen Stummfilm, in dem aber in schwarz-weiß auch zwischendurch die handelnden Personen zu sehen sind. Damit geht der Dialog Wotan / Fricka im Film unter.
    Im Prinzip ist die Inszenierung gleich geblieben wie im vorigen Jahr, siehe ♫ Bayreuther Festspiele 2013: Walküre – Der wilde Osten
    Überhand nehmen die Filme. Beim Walkürenritt fällt die Entscheidung – entweder Kino oder Bühne – besonders schwer. Die Walküren treffen sich auf einer Plattform des Bohrturms. Vor dieser Plattform fällt eine Leintuch herunter, das einen Teil der Walküren verdeckt. Sie werden stattdessen gefilmt und sind groß auf der Leinwand zu sehen, leider nur selten diejenigen, die gerade singen oder die Handlung vorantreiben. Die muss jeder Zuschauer selbst suchen. Walküren im Großformat auf der Leinwand und lebendige Walküren liegen räumlich so dicht beieinander, dass eine Entscheidung – Film oder Sängerinnen – schwer fällt. Über all diesem hin und her ist der Walkürenritt vorbei, bevor man sich auf die Szene richtig einstellen kann.
    Im großen Vater-Tochter-Dialog von Brünnhilde (Catherine Foster) und Wotan herrscht eine erholsame Filmpause bis kurz vor Schluss. Es ist wunderschön, sich ganz auf die Musik konzentrieren zu können. Weniger störend als die Filmberieselung ist, dass Brünnhilde ständig herumläuft und alles mögliche im Haushalt erledigt.

     

    Bayreuther Festspiele 2014: Die Walküren von Richard Wagner
    Musikalische Leitung – Kirill Petrenko, Regie – Frank Castorf, Bühnenbild – Aleksandar Denić, Kostüme – Adriana Braga Peretzki, Licht – Rainer Casper, Video – Andreas Deinert, Jens Crull
    Besetzung 2014
    Siegmund – Johan Botha, Hunding – Kwangchul Youn, Wotan – Wolfgang Koch, Sieglinde – Anja Kampe, Brünnhilde – Catherine Foster, Fricka – Claudia Mahnke, Gerhilde – Allison Oakes, Ortlinde – Dara Hobbs, Waltraute – Claudia Mahnke, Schwertleite – Nadine Weissmann, Helmwige – Christiane Kohl, Siegrune – Julia Rutigliano, Grimgerde – Okka von der Damerau, Rossweisse – Alexandra Petersamer

     

    Walküre:
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    Ring des Nibelungen:
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  • ♫ Bayreuther Festspiele: Der neue Ring – Musik, Bühne, Regie

    ♫ Bayreuther Festspiele: Der neue Ring – Musik, Bühne, Regie

    Drei Künstler – Kirill Petrenko, Aleksandar Denić, Frank Castorf – prägen bei den Bayreuther565ae6d3159c43b8b9c22b9c33819a29 Richard-Wagner-Festspielen 2013 den neuen „Ring des Nibelungen“, bestehend aus den Opern Rheingold, Walküre, Siegfried und Götterdämmerung.

    w.ring

    Kirill Petrenkos Dirigat zeichnet sich durch eine sehr genaue und durchdachte Lesart der Partitur aus.  Er legt großen Wert auf rhythmische Transparenz, die sich auch auf die Durchhörbarkeit im Klang der Partitur auswirkt. Kirill Petrenko hat eine Leichtigkeit in den Orchesterklang gebracht, die die Handlung in immerwährendem Fluss und Spannung hält. Auch nach der Götterdämmerung bleibt das hervorragende und frenetisch gefeierte Festspielorchester unter Kirill Petrenko lange im Ohr.

    Bühnenarchitektur von Aleksandar Denić

    Die Oper „Rheingold“ spielt an der Route 66 im „Golden Motel“, das seine besten Jahre schon hinter sich hat. Über dem Motel, das mit der Drehbühne mal den geschwungenen Swimmingpool, die Terrasse oder die Tankstelle anzeigt, hängt eine Leinwand. Dort wird gezeigt, was sich im Inneren des Motels oder auf der Rückseite abspielt. Die Geschichte spielt sowohl drinnen wie draußen. Im Inneren des Motels sind Kameras angebracht. Somit ist den Zuschauern klar, was gleichzeitig passiert.
    In der Walküre zeigt das fantastische Bühnenbild von Aleksandar Denić ein hölzernes Fort mit einem Wachtturm – solide Zimmermannsarbeit, innen wie außen – laut Eigenangabe ein Ölbohrturm in Aserbaidschan. Siegfrieds Zuhause ist ein Campingwagen mitten in einer Felsenschlucht mit überdimensionalen Köpfen, geformt wie in Mount Rushmore. Aber nicht die amerikanischen Präsidenten, sondern Marx, Lenin, Stalin und Mao blicken ins Tal. Die Götterdämmerung besteht aus vier Ansichten: verhüllter Reichstag (Christo), der sich später als die New Yorker Börse entpuppt, Hinterhof mit Gemüselager und Kiosk “Döner Box”, “Plaste & Elaste” Fabrikfassade, Industriegebäude mit hohem, metallenen Treppenhaus.

    Eines zeichnet sämtliche Bühnenbilder von Aleksandar Denić aus: sie sind sowohl sängerfreundlich (tragende Akkustik) als auch publikumsfreundlich (gut einsehbar).

    Regie Frank Castorf

    Früher war es üblich, dass sich die Opernbesucher im Opernführer über die Handlung und die Musik informierten. Heute müssen sie sich noch in die Gedankenwelt des Regisseurs hineinversetzen, um überhaupt den Faden zu behalten. Inszeniert Frank Castorf, langt nicht einmal das. Von Vorteil sind auch Kenntnisse über seine eigene Biografie im Besonderen und die Geschichte des Kommunismus im Allgemeinen. Oder anders herum: Frank Castorf inszeniert nicht den Ring – oder Zauberflöte, Aida, Carmen, … – sondern sich selbst und sein großes Thema.

    Weil Frank Castorf eine Szene aus einem russischen Propagandafilm – ein Kinderwagen steht auf einer hohen Treppe und setzt sich samt Baby nach unten in Bewegung – dermaßen imponierte, kommt Brünnhilde am Anfang ihres Rachefeldzuges, bei dem laut Richard Wagner keiner überlebt, mit einem Kinderwagen die Treppe heruntergepoltert. Aus diesem Wagen fliegen Steine, oder Kartoffeln, oder deformierte Äpfel der Freia, oder …, auf die Stufen und poltern nach unten.
    Weil Stalin 1902(!) als Arbeiter in der Öl-Hochburg Baku gejobbt hat, wird klar, warum die kommunistischen Größen Marx, Lenin, Stalin und Mao statt der amerikanischen Präsidenten in Stein gehauen sind.

    Auf solche und ähnliche Gedankenverbindungen muss eine Opernbesucherin kommen – bei fortlaufender Aufführung. Diese Inszenierung eignet sich als Leckerbissen für Umdieeckedenker.

    Ring des Nibelungen:
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  • ♫ Bayreuther Festspiele 2013: Götterdämmerung – böser Hagen, guter Hagen

    ♫ Bayreuther Festspiele 2013: Götterdämmerung – böser Hagen, guter Hagen

    w.bayreuth.goetter19.6.13 119Auch nach der Götterdämmerung3d89cf4de2124307854ec3baf5eab8ea bleibt das hervorragende und frenetisch gefeierte Festspielorchester unter Kirill Petrenko lange im Ohr. Kirill Petrenko hat sehr genau die originale Wagner-Partitur studiert und versucht, jede Note hörbar zu machen. Das macht sich sogar bei den drei Stierhörnern bemerkbar, die schon Richard Wagner hinter der Bühne einsetzte. Hier nimmt Kirill Petrenko das Festspielorchester zurück, damit das Publikum das Motiv der Kampfhörner deutlich wahrnimmt, wenn die „Mannen“ sich versammeln. Auch Hundings Ankunft in der Walküre wird mit den Stierhörnern angekündigt.

    Aleksandar Denić schuf ein großartiges Bühnenbild mit vier Ansichten:

    • Verhüllter Reichstag (Christo), der sich später als die New Yorker Börse entpuppt
    • Hinterhof mit Gemüselager und Kiosk „Döner Box“
    • „Plaste & Elaste“ Fabrikfassade
    • Industriegebäude mit hohem, metallenen Treppenhaus

    Davor steht die obligatorische alte amerikanische Rolling-Home-Blechbüchse aus Rheingold, Walküre und Siegfried, daneben eine noch ältere, aber gepflegte Isetta. Gekleidet sind die Damen in lange, mit Pailletten besetzten Abendkleidern, oder, wie Brünnhilde, in einem durchgehend goldenen Paillettenkleid. Eines haben sie gemeinsam – sie passen nicht zueinander. Die Kostüme passen nicht zum Bühnenbild; das Bühnenbild passt nicht zur Oper; die Inszenierung passt nicht zur Opernhandlung; die gespielte Handlung passt nicht zur Musik.

    Zur Erinnerung: Inhalt / Handlung: Götterdämmerung – Oper von Richard Wagner

    Alles beliebig? Alle(s) bis auf einen – Hagen!

    Perfekt verkörpert Attila Yun mit seiner schwarzen Stimme, dem grimmigen Blick und dem massigen Auftreten den Bösewicht. Wie ein Krieger wirkt er im schwarzen Mantel, schwarzen Unterhemd, gehalten von schwarzen Lederhosenträgern, die hohen Stiefel über den Reithosen. Aggressiv und bedrohlich wirkt der aufgestellte Irokesenschnitt auf der kahlgeschorenen Glatze. Hagen ist in dieser Götterdämmerung die unangefochtene Hauptfigur bis zum Schluss. Neben den Rheintöchtern – Mirella Hagen, Julia Rutigliano, Okka von der Damerau – ist er der einzige Überlebende, der noch unten im Hinterhof Richtung Feuerstelle schleicht. Währenddessen liegt er oben auf der Leinwand in einem Schlauchboot, das er mit seiner massigen Figur vollkommen ausfüllt. Zum Abschied winkend hebt er noch einmal die Hand, während die Rheintöchter das Boot aufs Wasser (Röhrensee?) hinaus schubsen.

    Aber auch die Brünnhilde – Catherine Foster – ist nicht so ohne! Brünnhilde ist genau der Typ Kriegerin, wie ihn sich Wagner vielleicht vorgestellt hat. Wenn sie als betrogene Ehefrau die Treppe herunterwalzt, stellt sich ihr keiner in den Weg. Wenn sie nach dem etwas unglücklich verlaufenden Gespräch mit ihrer Schwester Waltraute – Claudia Mahnke – den Wohnwagen halb auseinander nimmt und selbst noch die Einrichtungsgegenstände in die Ecken pfettert, kommt der cholerische Göttervater durch. Wenn sie Gutrune – Allison Oakes – gegenübersteht, die ihre Ehe mit Siegfried verteidigen möchte, bleibt Gutrune nur noch die Flucht in die Menschenmenge.

    Gunther – Alejandro Marco-Buhrmester – bringt mit seiner Ausstrahlung etwas Eleganz in diese heruntergekommenen Umgebung. Für den lauten Siegfried – Lance Ryan – hätte die heutige Zeit ein passendes Utensil. Er könnte fortwährend am Handy herumspielen und damit seine Langeweile bekunden. Eine fortlaufende Geschichte, die an die Götterdämmerung erinnert, ist zwar zu erkennen, wird aber ständig durch irgendwelche nebensächlichen Szenen gestört. Das mag zwar für wiederkehrend Besucher ganz lustig sein, für Erstbesucher störend.

    Inhalt / Handlung: Götterdämmerung – Oper von Richard Wagner
    Götterdämmerung in der Oper Stuttgart – Pläsier mal vier
    Bayreuther Festspiele 2013: Götterdämmerung – böser Hagen, guter Hagen 

    Nicht die Musik oder der Operninhalt wird in dieser Inszenierung von Frank Castorf wiedergegeben, in der die Beliebigkeit bestimmter Bühnenbilder hochkommt. Alles wird in irgendein Konzept gepresst, das dieser oder einer anderen Oper aufgestülpt wird. Diese Ausstattung könnte genau so für Falstaff oder La Boheme übernommen werden, das wäre genau so unpassend.

    Beliebigkeit – ist das der neue Trend?

     

     

    Bayreuther Festspiele 2013
    3. Abend im Ring des Nibelungen:
    Götterdämmerung – Oper von Richard Wagner

     

    cover.8ung.wagnerBesetzung 2013
    Musikalische Leitung: Kirill Petrenko
    Regie: Frank Castorf
    Bühnenbild: Aleksandar Denić
    Kostüme: Adriana Braga Peretzki
    Licht: Rainer Casper
    Video: Andreas Deinert
    Jens Crull
    Chorleitung: Eberhard Friedrich

    Siegfried: Lance Ryan
    Gunther: Alejandro Marco-Buhrmester
    Alberich: Martin Winkler
    Hagen: Attila Jun
    Brünnhilde: Catherine Foster
    Gutrune: Allison Oakes
    Waltraute: Claudia Mahnke
    1. Norn: Okka von der Damerau
    2. Norn: Claudia Mahnke
    3. Norn: Christiane Kohl
    Woglinde: Mirella Hagen
    Wellgunde: Julia Rutigliano
    Floßhilde: Okka von der Damerau

     

    cover.8ung.bayreuthRing des Nibelungen:     Fehler: A feed could not be found at `https://www.8ung.info/tag/ring-des-nibelungen/feed/`; the status code is `403` and content-type is `text/html; charset=iso-8859-1`