Kategorie: Humor

Heitere Sachen zum Lachen, schmunzeln, sich freuen, glucksen, wiehern

  • ✍ Kurzgeschichten-Tipp: Früher war Weihnachten viel später

    ✍ Kurzgeschichten-Tipp: Früher war Weihnachten viel später

    cover: Früher war Weihnachten viel späterEinb847787230494e459cc4f4cb3d290be4 Buch voll hinterhältiger Weihnachtsgeschichten. Es soll Menschen geben, denen das Fest alles vergällt. Wie der polnischen Putzfrau, die extra eine Weihnachtsgans schlachtet, um sie ihrem (wie sie meint) einsamen Arbeitgeber und heimlichen Geliebten mitzubringen.
    Oder, die diesen Rummel nicht mögen wie Peter Ustinov. Er weicht nach Bangkok aus und erlebt, wie ihm und den anderen Gästen zu Ehren von den Einheimischen Weihnachtslieder vorgesungen werden. Es gibt aber auch Menschen, die Weihnachten so sehr mögen, dass sie damit ihre Umwelt im Sommer in Weihnachtsstimmung versetzen können – wie der alte Schauspieler, dem lediglich der Schnee fehlte. Zum Glück war das nicht sein Problem, sondern auf Versagen der Regie zurückzuführen.
    Wenn die einen feiern, bedeutet es für die andern meist Arbeit. Richtig anstrengend kann das für den Weihnachtsmann werden. Er hat mit seinen Ermahnungen die verpatzte Erziehungsarbeit der letzten 364 Tage nachzuholen. Meist bekommt er dafür ein Trinkgeld (von den Vätern). Nur einmal wollte eine Mutter noch zusätzlich Sex, was er dankend ablehnte, aber ihrem Mann eine gutaussehende Sekretärin wünschte. Nachdem er sich 14 x „Liebaguta Weihnaksmann, schaumirnich so böse an“ gehört hatte, war er nicht einmal mehr in der Lage, mit den anderen Weihnachtsmännern dieser Agentur anzustoßen.
    Richtig anstrengend kann Weihnachten aber auch für das Gewohnheitstier sein, das Georg Kreisler in Versform beschreibt. Wenn einer jeden Tag seinen Ablauf vom Aufstehen bis zum Schlafengehen klar nach der Uhr regelt, seine Wochentage genau unter seinen Vereinen und seiner Geliebten aufteilt, mehrmals im Jahr feste Termine in geraden und ungeraden Monaten wahrnimmt, für den kommt Weihnachten äußerst ungelegen, denn Weihnachten bringt den ganzen schönen Plan durcheinander.
    Zu Weihnachten brachte in den Fünfzigern gar eine Bemerkung eine ganze Siedlung im Ruhrgebiet in Aufruhr. Der blöden Erika entfuhr – weil sie nur prahlen wollte – dass ihr Onkel einen Fernseher besitzt. Das war in der Siedlung vollkommen neu. Als Vertrauensbruch wurde gewertet, dass er die Siedlung nicht teilhaben ließ – etwa durch Einladungen zu Weihnachten. Ein Siedler nach dem Anderen wurde unter einem Vorwand zu ihm geschickt. Als keiner mehr zurückkam – weil sie alle vor dem Fernseher saßen – setzte die Völkerwanderung ein. Das war zu viel für das kleine Wohnzimmer des Witwers, in dem sich alle vor dem Wunderapparat drängten. Nachdem die Wohnung mit dem umgekippten Weihnachtsbaum in Brand gesteckt und durch nachfolgende Löscharbeiten verwüstet wurde, zogen sie ab und kauften sich im Laufe der Jahre selbst so einen Kasten. Bloß der alte Witwer blieb bis ans Ende seines Lebens fernsehlos.

    Lauter hinterhältige Weihnachtsgeschichten, in Prosa und in Versform, sind in diesem Buch zusammengetragen. Neben den Gerne-Weihnachten-Feiernden gab es schon immer regelrechte Weihnachten-Verächter, wie Heinrich Heine (*1797) beweist. Zumindest regt dieses Buch zum Schmunzeln an, oder zum Nachdenken. Vielleicht ist es in der hektischen Zeit ein ruhender Pol zum Selbstlesen geeignet – besser noch, zum Vorlesen in Gesellschaft.

    Früher war Weihnachten viel später: Hinterhältige Weihnachtsgeschichten | Diogenes;

    Weihnachten:

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  • Theatertipp: Hoimetaberau – Schwäbische Tüftlersonate in der Tri-Bühne

    Theatertipp: Hoimetaberau – Schwäbische Tüftlersonate in der Tri-Bühne

    Zwei Schwaben 26a55a0102234450af84458ea9f4cb6cund d’r Sell lassen das Stuttgarter Theaterpublikum teilhaben an ihrer Sprache, Erfindungsreichtum, quietschendem Drehstuhl und ihrem Ventilatoren-Flieger.
    hoimet.michalski.ohngemachZu Zweit sitzen sie am Tisch vor ihren Karten. Albert (Reinhold Ohngemach) hält sie in der Hand, Hans (Marcus Michalski ) an einer Apparatur, die er um den Hals hängen hat. Den dritten Mann zum Skat zu finden fällt den beiden Bruddlern schwer, denn bisher haben sie alle rausgeekelt. Für die findigen schwäbischen Käpsele wird nichts zum Problem. D’r Sell, ein umgekehrter Laubbesen, markiert den dritten Mann. Auf seinen Zinken sind die Karten fächerartig mit Wäscheklammern befestigt. Hans übernimmt zwei Mitspieler und springt, je nach Spielpartner, von seinem Platz zum Sell. Er muss also auch gegen sich selbst spielen. Dabei trickst er sich sogar selbst aus, da der Sell besser schummeln kann. Außerdem hat der Dritte, d’r Sell, die besseren Karten. Dieses gegen-sich-selbst-spielen ist für ihn das Schlimmste – muss er doch mit ansehen, wie er verliert.
    Den zahlreichen Schwaben hat die Vorstellung am 6. Dezember 2012 in der Tri-Bühne gefallen. Dieses Stück regte zur Interaktion an. Kaum schwätzen die beiden Akteure mit altschwäbischen Ausdrücken, war es das Zeichen für andere Schwaben im Publikum, ihren – nicht ganz des Schwäbisch mächtigen – Begleitern zu dolmetschen. So fiel das konzentrierte Zuhören schwer, denn vorne, hinten, rechts und links saßen begnadete Dolmetscher.
    Hans erklärt den Weg ganz einfach: „Do num un denn do num, denn die Schtroß raa un wieder nuff bis nimmer goht. Denn do num und denn do num“. Die ganze Beschreibung wird von ganzkörperlichen Richtungsanzeigen begleitet, ebenso rollen die Augen nach links, rechts, oben und unten, um die Route anzugeben. Fast hätte man’s kapiert, da fällt ihm noch eine Abkürzung ein – also alles noch einmal von vorn.
    Schwierig ist es, einer Sprache zu folgen, die für Nei’gschmeckte etwas unartikuliert klingt. Beneidenswert sind die Schwaben. Sie bekommen die Feinheiten mit, können darüber lachen, wo andere nichts verstehen.
    Oder ist es nur eine andere Art von Humor?

    Hoimetaberau – Schwäbische Tüftlersonate von Franz Xaver Ott im Theater tri-bühne
    Regie: Christine Gnann
    Bühne: Stephen Crane
    Kostüme: Renáta Balogh
    Musik: Sebastian Huber
    Darsteller: Marcus Michalski | Reinhold Ohngemach

    Schwäbisch:

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  • ✍ Bilderbuchtipp: Warwick und die 3 Flaschen – Andre Hodier und Tomi Ungerer

    ✍ Bilderbuchtipp: Warwick und die 3 Flaschen – Andre Hodier und Tomi Ungerer

    warwick.coverBilderbuch-Klassiker von 1967, neu aufgelegt und frisch wie eh und je. Die Geschichte der guten Krokodile, die nichts als Ärger mit Vetter Warwick haben.

    Beowulf und Cromwell, die beiden Krokodile, langweilen sich. Ihre Geschichten haben sie sich gegenseitig schon oft erzählt und es kommt kaum Besuch, der Abwechslung bringt. Sie sehnen sich nach ihrem Vetter Warwick, der in Schottland lebt, wo es die gute schottische Brühe gibt, die sie für ihr Leben gern gekostet hätten. Außerdem könnte Warwick ihnen neue Geschichten erzählen und mit ihnen zusammen spielen, denn zu dritt spielt es sich schöner.

    Besuch bekommen sie lediglich vom Postboten Willi Widder. Der ist vollkommen sicher, von ihnen nicht gefressen zu werden, denn sonst würde ihnen keiner mehr Briefe bringen. Und tatsächlich meldet sich Warwick zu Beowulfs und Cromwells Freude in einem Brief an. Sie bereiten alles vor, um ihm den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Sie kochen Delikatessen und räumen Cromwells Zimmer frei, damit er dort angenehm logieren kann.

    Immer Ärger mit Warwick

    Nie hätten sie gedacht, dass sich ein derartiger Stinkstiefel bei ihnen einnistet. An allem hat er etwas auszusetzen. Das Essen passt ihm nicht, das Zimmer ist ihm nicht gut genug und außerdem möchte er viele Extras, die er von Schottland her kennt. Zwar hat er drei Flaschen schottische Brühe mitgebracht, aber die trinkt er allein. Auch außerhalb des Hauses benimmt er sich daneben. Beim Schwimmen im See ist er kurz davor, den Taxi-Schwan zu verschlingen, was vollkommen tabu ist. Cromwell kann den Schwan warnen, zieht aber damit den Zorn aller Tiere auf sich, die ihn für den Schuldigen halten. Richtig spielen mag Warwick auch nicht, bis auf ein Spiel, das nur er kennt – Pokern. Nachdem er seinen Vettern damit alles Geld abgeknöpft hat, wird es auch ihm langweilig. Abwechslung bringt der Postbote Willi Widder, mit dem es sich Beowulf und Cromwell auf keine Fall verderben möchten. Ihm beißt er den liebevoll gepflegten Bart ab. Er hätte Willi Widder auch ganz verschlungen, wenn dieser nicht so gut rückwärts springen könnte.
    Alle Tiere in der Umgebung vergrätzt Warwick, bevor er endlich eines Tages verschwunden ist. Zurück bleiben die beiden Krokodile, mit denen keiner mehr verkehren möchte. Alle geben ihnen die Schuld an ihrem bösartigen Vetter.

    Und die Moral von der Geschicht’…

    1967 mag diese Geschichte von Andre Hodier eine Sensation gewesen sein. Die Moral von der Geschicht‘ war nicht das Gute, das am Ende doch noch siegt – im Gegenteil. Von Warwick kann man lernen, was böse ist.

    Witzig sind nach wie vor die Zeichnungen von Tomi Ungerer, vor allem die Krokodile mit den audrucksvollen Gesichtern. Aber nicht nur das, sie stecken auch in schnieken Anzügen, wohnen in einer Villa und baden mit einem Schwimmring um den Bauch. Warwick mit Schmerbauch im Schottenröckchen bringt nicht nur Kinder zum Kugeln.
    Von diesem Klassiker der Bilderbücher bringt der Diogenes Verlag 2010 eine Neuausgabe heraus. Das wird vielleicht diejenigen freuen, die dieses Buch schon als Kind verschlungen haben. Jetzt lesen sie es ihren Enkeln vor.

    Warwick und die drei Flaschen von Andre Hodeir (Autor), Tomi Ungerer (Illustrator) | Diogenes

    Stinkstiefel:

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  • Die Schneekönigin im Staatstheater Stuttgart – Madonna der kalten Welt

    Die Schneekönigin im Staatstheater Stuttgart – Madonna der kalten Welt

    82a392545e9d4f1bb964f1be77201ff3Weiß, eisig, böse – die Schneekönigin (Nadja Stübiger) glänzt wie ein Eiszapfen. Dicke Schneekristalle baumeln unter ihrem perfekt gestylten Bühnenoutfit hervor. Wem sie die Hand aufs Herz legt, erstarrt zu Eis. So ergeht es auch Kai (Michel Brandt), der vorher schon einen Glassplitter ins Auge bekommen hat. Dadurch sieht er alles in seiner Umgebung hässlich und böse. Eine Geschichte, in unsere Zeit versetzt und trotzdem märchenhaft.

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    Alles beginnt in einer stillgelegten Lagerhalle.

    Dort wohnt noch Frau Rose (Sabine Bräuning), die Witwe des ehemaligen Pförtners. Kai und Gerda spielen hier Basketball und pflegen die Rituale der einstigen Belegschaft. So kommt immer noch der alte Wachmann (Bernhard Baier), um sie bereits zum 175. Mal fest zu nehmen. Auch Gerdas Eltern ( Anja Lechle und Christian Schmidt ) schauen vorbei und spielen mit. Friede, Freude, Eierkuchen – bis mit einem fürchterlichen Krach ein Eiszapfen herunter und Kai ins Auge fällt. Von da an ist er nur noch kalt und böse.

    Er driftet ab ins Reich der bösen Schneekönigin, die ihm verspricht, dass aus ihm noch ein großer Schlagerstar wird – Kais Wunschtraum.

    Begleitet wird die Schneekönigin von ihrem Beilaufböbbele Toni (Sebastian Petrascu), dem großen Tänzer, der zwar nicht reden kann, aber alles in Bewegung umsetzt, und wie! Breakdancer Toni dreht seine Pirouetten um die Schneekönigin herum. Er tanzt nicht etwa, wie es beim Ballett üblich ist, „nur“ auf der (Fuß)Spitze, sondern auch auf Ellenbogen, Kopf, Knie, Schulter und was sich ihm sonst noch anbietet – einfach Spitze!

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    Währenddessen macht sich Gerda (Eléna Weiß) auf die Suche nach ihrem Freund.

    Die seltsamsten Typen begegnen ihr. Die Kanalratte Rolf hilft ihr weiter, ebenso wie die anderen skurrilen Gestalten, die sogar singen und tanzen. Sabine Bräuning zeigt sich wandlungsfähig als „Königin“ in einer psychiatrischen Klinik. Huldvoll grüßt sie ins Publikum. Mit ihrem Rollstuhl rast sie zwischen den Kampfhähnen umher, um danach freudig heraus zu springen, als Gerda die beiden in die Flucht schlägt. Anja Lechle und Christian Schmidt, das Erbschleicherpärchen, das die huldvoll grüßende Mutter Königin in der Psychiatrie besucht. Sie mit aufgedonnerter toupierter Frisur, einem voluminösen Busen und – als Gegenpol für das Gleichgewicht – ein ausgestopftes Hinterteil in einer engen Leopardenhose. Als verkannte Opernsängerin mit engem Rock und Paradejacke verwandelt sie sich in eine Zirkus/Hoteldirektorin. Christian Schmidt begleitet sie mal mit dicker Brille und Toupet, mal fällt ihm sein schiefes Gebiss fast heraus. Bernhard Baier mimt die Kanalratte Rolf mit lichten Haaren am Oberkörper, welche im Gegenlicht durchsichtig wirken; oder den russischen Taxifahrer Jascha, der Gerda zum Nordpol bringt, aber sie dann allein weitergehen lässt, weil er kurz davor die Frau fürs Leben findet.

    Zwischendrin singen alle den Schlager: „Ich bin mutig, du bist mutig…“

    Schnell gelernt und einfach zum Mitsingen mit Musik von Murat Parlak, gespielt von der Dreimannband „The frozen Snow Dogs“. Theatralisch überspannte Kostüme (Hannes Hartmann und Mari-Liis Tigasson) und diese Gesangseinlagen erinnern an die Musikfilme der Sechziger Jahre, als bei verschiedenen Gelegenheiten plötzlich losgesungen wurde. Diese Schlager waren danach auf den Straßen in aller Munde.

    Alles traumhaft unwirklich, aber in die Realität passend. Ein modernes Märchen, das auch ältere Kinder begeistern könnte, sofern der Begriff „Märchen“ geändert wird – vielleicht in Fantasy?

    Wiederaufnahme am 25. November 2012 im Kammertheater in Stuttgart.

    November 2011: Von Hasko Weber neu inszeniertes Märchen nach Hans Christian Andersen.

    Die Schneekönigin im Stuttgarter Staatstheater
    Regie Hasko Weber
    Bühne und Kostüme  Hannes Hartmann
    Kostüme  Mari-Liis Tigasson
    Musik  Murat Parlak
    Dramaturgie  Anna Gubiani
    Regieassistentin  Isabel Aldag

    Besetzung:
    Kay: Michel Brandt
    Gerda: Eléna Weiß
    Schneekönigin: Nadja Stübiger
    Frau Rose / Hermine II. / Fischfrau:  Sabine Bräuning
    Andreas / Klaus Dieter / Claudius: Christian Schmidt
    Franziska / Ramona / Getrud: Anja Lechle
    Sherif der Wachmann / Rolf die Kanalratte / Jascha der Taxifahrer: Bernhard Baier
    Toni Gelato: Sebastian Petrascu, Roman Proskurin
    Band „The Frozen Snow Dogs“: David Schröter, Murat Parlak, Timm Schauen

    Märchen:

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  • ✒ Buchtipp: „Delfinarium“ von Michael Weins

    ✒ Buchtipp: „Delfinarium“ von Michael Weins

    Es 632c4092ae0d47959cc42b7ca439c808fängt an mit einem Missverständnis und geht so weiter. Wer ist die Frau, die sich nicht erinnern kann? Sind es zwei Frauen, vielleicht Zwillinge?
    Daniel stellt sich mit „Martin“ vor, worauf sein künftiger Arbeitgeber sich als Henry vorstellt und ihm das Du anbietet. Martin ist Daniels Familienname. Mit genau solchen Irrtümern geht es weiter. Gesucht wurde eine Begleitperson für den Zoo. Daniel hatte sich eine alte Frau vorgestellt, die er – eventuell im Rollstuhl – von einem Gehege zum anderen begleiten muss.

    Im Delfinarium lebt die psychisch kranke Frau auf

    Susann, die fremde Frau, mit der er in den Zoo gehen soll, ist jung und vollkommen apathisch. Bei der Geburt ihres Kindes vor einem halben Jahr lag sie für sieben Minuten im Koma; seitdem spricht sie nicht und starrt nur noch teilnahmslos vor sich hin. Aber kaum sind sie im Zoo, wird aus der ehemals energielosen Frau eine Schnellläuferin, die mit staksigen Schritten auf ein Ziel zustrebt. Nicht etwa, wie er es sich gewünscht hat, zu seinen Lieblingstieren, den Giraffen. Sie möchte nur ins Delfinarium, sonst nichts. Aufmerksam verfolgt sie die Trainingsstunde mit den Kunststücken. Als es zu Ende ist, schaut sie ihn mit einem verklärt lächelndem Gesicht an und haucht: „Schön“.

    Ist der Ehemann der richtige oder gibt es noch einen anderen?

    Etwas verquickt sind die Verhältnisse. Susanns Mann, ein Koch, der gern und viel Bier trinkt, heuert Daniel an, damit er mit ihr in den Zoo geht und eventuell etwas über sie herausfindet, was er nicht weiß. Das passiert schon beim zweiten Zoobesuch. Als Daniel seine Blase entleeren muss – im Gebüsch – bemerkt er einen Mann, der auf Susann einredet. Sie sieht ihm gerade ins Gesicht, reagiert aber nicht weiter. Dieser Mann behauptet, mit Susann, die er Marie nennt, verheiratet zu sein. Intuitiv erzählt er Henry nichts davon; der hat außerdem noch andere Probleme. Seine Schwester in Karlsruhe kommt ins Gefängnis, da sie anscheinend Drogen geschmuggelt hat. Er bittet Daniel, in seinem Haus zu übernachten und auf Susann aufzupassen.

    Kaum ist er mit Susann allein, erscheint wieder der Mann aus dem Zoo, der seine Frau mitnehmen will. Sein Weg führt nach Mecklenburg. Hier entdeckt Daniel die Frau neu, aber nicht als Susann, sondern als Marie. Weder Susann noch Marie reden. Ist es ein und dieselbe Frau, die sich nicht erinnern kann? Sind es zwei Frauen, vielleicht Zwillinge oder Doppelgängerinnen?
    Daniel will will es herausfinden.

    Michael Weins‘ Erzählweise zeichnet sich aus durch trockenen Humor

    Er zeigt das Leben durch die Brille eines bummelnden Spätzünders, bei dem manches anders läuft, als er sich es vorstellt. Das Buch ist gespickt mit viel Lokalkolorit, oft unwirklich. Das alles findet statt zwischen Buxtehude im Alten Land und Rerik an der mecklenburgischen Ostseeküste, dem Ort von „Sansibar oder der letzte Grund“ von Alfred Andersch. Vieles scheint sich auf der Traumebene abzuspielen, wird dann aber doch Wirklichkeit – oder auch nicht?

    Delfinarium von Michael Weins , Mairisch Verlag;

    Depression:

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  • ✍ Buchtipp: Wahrscheinlich guckt wieder kein Schwein

    ✍ Buchtipp: Wahrscheinlich guckt wieder kein Schwein

    Der Diogenes77239947bdbc46aa96bc43e1b5c22afd Verlag wird 60. Aus diesen sechs Jahrzehnten werden die beliebtesten, interessantesten, überraschendsten Veröffentlichungen noch einmal neu aufgelegt. Wie die frech/satirischen Zeichnungen von F.K.Waechter von 1978, als die Jüngeren noch in den Nachwehen der 68er steckten, alte Ordnungen auf den Kopf stellten, gern und mit Wonne provozierten.

    cover.wahrscheinlich.guckt .wieder.kein .schweinSie provozierten gern die über Dreißigjährigen, die nach ihrer Ansicht zum alten Eisen gehörten. Sie provozierten gern, weil sie damit immer Erfolg hatten. Es war die Blütezeit der Protestbewegungen, die auch diejenigen mitriss, die eigentlich ganz zufrieden mit ihrer Situation waren und keinen rechten Grund zum Protest sahen.

    Der damals viel gehörte Spruch: „Was ist denn das für ein Sauhaufen“ setzt F.K. Weachter in einer Karikatur wörtlich um. Voller Anspielungen, die heute keine Sau mehr versteht. Ein Bauer schaut auf seine Schweine, die übereinander und nebeneinander auf einem Haufen liegen und dösen. Im nächsten Bild stehen besagte Schweine stramm in Reih‘ und Glied nebeneinander und übereinander und salutieren wie Soldaten.

    Damals prustete jeder (unter dreißig) bei diesem Anblick sofort los, denn es war die hohe Zeit der Hippy-Bewegung. Zum Verdruss der Älteren lagen junge Leute in Grüppchen nur herum und taten nichts Produktives, also langweilten und bekifften sich. Würde man das heute Chillen nennen? Außerdem begann damals der steile Aufschwung der Kriegsdienstverweigerer. Alles, was mit militärischem Drill zu tun hatte, galt als hinterwäldlerisch, rückständig und bekämpfenswert. In der Folge bildete sich eine andere Gruppe junger Menschen, die das herrschende System infrage stellten und die Welt retten, oder zumindest zum Guten verändern wollten – make love not war!

    Wahrscheinlich guckt wieder mal kein Schwein ist ein Zeitdokument, schön und witzig, aber nur noch mit Gebrauchsanleitung zu verstehen. Damals waren diese Zeichnungen Kult. Heute regt sich keiner mehr darüber auf – ist das laaangweilig!

    Wahrscheinlich guckt wieder kein Schwein von F. K. Waechter | Diogenes

    Soldaten:

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  • ✍ Hörbuchtipp: Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln

    ✍ Hörbuchtipp: Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln

    cover.gedankenlesenWer hätte gedacht, dass Physik so vergnüglich sein kann? Wäre der Schulunterricht so anschaulich verlaufen wie diese humorvollen Kurzgeschichten von Puntigam, Gruber, Oberhummer – wer weiß, ob manche Berufswege nicht woanders hingeführt hätten. 

    An Beispielen von Tieren erklären die Sience Busters und Harry Rowohlt physikalische Gesetzmäßigkeiten, die in der Praxis häufig nur bis zur nächsten Klassenarbeit im Hirn Platz hatten. Diese Geschichten bleiben bestimmt länger in der Erinnerung.

    Warum eignen sich Bienen ideal zum Auffinden von Landminen?
    Bienen verfügen über eine gute Nase. Sie können besser riechen als Hunde. Innerhalb kurzer Zeit kann man den Bienen vorgaukeln, dass ein bestimmter Stoff, der sich in Landminen befindet, ein hervorragendes Futter für sie darstellt. Sobald die Bienen auf ihrer Futtersuche diese Landminen finden, kommen sie in den Bau zurück und verkünden den daheim gebliebenen Artgenossen, wo sich der gedeckte Tisch befindet. Forscher und solche, die die Bienensprache beherrschen, können an den Drehungen beim Bienentanz die Position der Landminen ablesen. Somit sind Bienen als Minenexperten weitaus besser geeignet als Hunde. Bisher ist noch kein Fall bekannt geworden, dass sie durch eine unvorsichtige Bewegung eine Explosion auslösen.

    Was sind Spiegelneuronen?
    Schildkröten verfügen nicht über Spiegelneuronen. Sie gähnen nicht mit einem Menschen, einem Tier oder ihren Artgenossen mit, können aber gähnen. Und was hat das miteinander zu tun? Ganz einfach: Die Spiegelneuronen spiegeln das Verhalten eines Gegenübers. Menschen und auch Tiere wie Hunde verfügen darüber. Wenn zum Beispiel ein Gegenüber gähnt, gähnen sowohl Mensch als auch Hund höchstwahrscheinlich mit, sofern das Gegenüber ihnen sympathisch erscheint. Spiegelneuronen sind also der Indikator für Mitfühlen. Je mehr ein soziales Wesen darüber verfügt umso mehr Einfluss hat es auf seine Umwelt. Extreme Einzelgänger wie die spiegelneuronenlosen Schildkröten werden somit nie zu Herdentieren.

    Grundsätzlich eignet sich dieses Hörbuch für alle möglichen Altersgruppen.
    Empfehlen würde ich es aber besonders als ein Geschenk für Acht- bis Zwölfjährige, denn diese Altersstufe ist ausgesprochen experimentierfreudig. Außerdem kommt es ihrem Vorstellungsvermögen sehr entgegen, wenn die Schallgeschwindigkeit an der Lautstärke eines Furzes gemessen und die Druckwelle anhand des Kotschießens von Pinguinen erklärt wird. Und endlich erfahren sie, wo die Astronautenfäkalien im Weltraum bleiben.

    Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln: Was wir von Tieren über Physik lernen können von Martin Puntigam (Autor), Werner Gruber (Autor), Heinz Oberhummer (Autor), Harry Rowohlt (Sprecher), Science Busters (Sprecher) | der Hörverlag; (24. September 2012) | EUR 19,99

    Schildkröte:
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  • ☛ Trickfilm-Tipps für Kinder – lustig und lehrreich

    ☛ Trickfilm-Tipps für Kinder – lustig und lehrreich

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    Trickfilme vermitteln Werte ohne erhobenen Zeigefinger. Probleme wie Zahnlücken-Mobbing, Blindheit, und Alzheimer werden mit Humor dargestellt, mit einer  für Kinder verständlichen Art der Bilder.

    trickfilm.ernestoErnesto von Corinne Ladeinde | Großbritannien

    Ernesto wird gehänselt. Alle Kinder seines Alters können stolz ihre Zahnlücken zeigen samt ausgefallenen Zähnen, bloß Ernestos Milchzähne erweisen sich als hartnäckig. Als er mit der Zange herausholen will, reagieren seine Zähne gut gelaunt. Sie fangen an zu tanzen und singen dazu ein Lied in einem Rhythmus, der in die Beine geht. Sobald Ernesto den Mund aufmacht, ertönt die Jamaika-Tanz-Melodie. Erst swingen seine Eltern mit, dann der Zahnarzt und dann seine Mitschüler, die ihn vorher wegen seiner Zähne hänselten. Nach diesem Erfolg kann Ernesto erstmals wieder ruhig schlafen. Am nächsten Morgen sieht er im Spiegel eine gewaltige Zahnlücke und auf seinem Kissen vier Milchzähne. Schwierig wird es in der Schule, denn die Kinder stehen erwartungsvoll um ihn herum. Als kein Lied ertönt, wenden sie sich enttäuscht ab. Keiner möchte Ernestos Zähne sehen, auf die er so stolz ist. Aber Ernesto fällt etwas anderes ein. Er pfeift die Melodie durch seine Zahnlücke, und schon tanzen alle mit. Ernesto ist der Größte.

    Les Yeux noir (schwarze Augen) von Nicola Lemay | Canada

    Ein schwarzer Film – was die Farbe anbelangt. Ansonsten optimistisch und aufbauend.
    Wie auf eine schwarze Schiefertafel sind die Konturen mit weißer Kreide gezeichnet. Matthew sieht seine Welt in schwarz. Es macht ihm nicht viel aus, denn er hat Augen, wo kein anderer sie hat. Seine weißen Augen leuchten woanders auf als bei normalen Kindern, etwa an den Ohren. Er hört, wenn die Autos anhalten. Dann ist die Ampel grün und er kann über die Straße gehen. Mit seinen weißen Augen in den Nasenflügeln sieht er das Brot, wenn er beim Bäcker vorbeigeht. Seine Augen unter den zehn Fingerspitzen helfen ihm beim Lesen. Unter den zehn Zehen zeigen seine Augen ihm, was auf dem Boden liegt. Beim Gehen verlässt er sich auf das Auge seines Stockes.
    Matthew ist ein aufgeweckter, fröhlicher Junge. Zur Zeit ist er sehr aufgeregt, denn bald hat er Geburtstag, und er möchte nur zu gern wissen, was er für ein Geburtstagsgeschenk bekommt. Seine Eltern geben ihm den Tipp: weich und warm.
    Matthew geht auf Entdeckungstour und entdeckt vieles, was entweder warm oder weich ist wie ein stinkenden Socken oder die Ofenröhre – nichts weist beide Kriterien auf. Soviel sei verraten. Es ist ein kleiner Welpe auf einem Bauernhof.
    In diesem warmherzigen und humorvollen Film Kinder entdecken die Welt von Blinden.

    trickfilm.kahanikarKahanikar (Geschichtenerzähler) von Nandita Jain | Großbritannien

    Nirmala, die kleine Inderin, wundert sich, dass ihr geliebter Opa seltsame Sachen macht. Er fängt zwei Fische und versucht, sie mit dem Löffel zu zerlegen. Als sie ihm das Messer reicht, legt er Kopf und Schwanz in die Pfanne, die Fischkörper in die Abfalltonne. Zwar erzählt er ihre Lieblingsgeschichte, vergisst aber wichtige Details. Die Geschichte handelt von einem Jungen, der auf besondere Art Fische fängt. Er nimmt seinen Kopf ab, taucht ins Wasser und gebraucht seinen Körper als Reuse. Eines Tages ist sein abgelegter Kopf verschwunden. Bei dieser Szene geht der Opa ins Freie und sucht verzweifelt seinen Kopf. Jetzt spinnt Nirmala die Geschichte weiter. Sie bemalt eine Kokosnuss mit dem Portrait des Opas, der seinen Kopf findet. Sowohl das Märchen ist erfüllt als auch der Opa beruhigt.
    Ein Alzheimer-Problem auf einfache und verständliche Weise erzählt, mit einem Schuss Poesie und bunten Märchenbildern.

    Kinderfilm:
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  • ✍ Buchtipp: Bernd Pfarr – Meister der komischen Kunst

    ✍ Buchtipp: Bernd Pfarr – Meister der komischen Kunst

    Dieser Bildband zeigt Bilder, Zeichnungen, Cartoons und die verblüffend komischen Texte des Multitalents Bernd279c023f73f6482cb50e3660f55dbc82 Pfarr.

    Keiner wäre erstaunt, Bernd Pfarrs Ölbilder in einer Kunstausstellung zu besichtigen.

    cover.pfarrMit ihren kubischen Formen und dicken Pinselstrichen wirken sie leicht expressionistisch. Mediterrane Flachdachhäuser mit herunter gelassenen Rollläden, Stromleitungen quer über die Straße, zart rostroter Himmel mit weißen Wolken, ein paar kahle Bäume, gelber Straßenbelag. Die Sonne scheint gleißend auf den Mann im schwarzen Anzug und wirft ihre Schatten von ihm, den Häusern, Bäumen und drei kleinen Haufen voraus, die den Weg des Mannes kennzeichnen. Als Titel könnte neben dem Bild stehen: „Straße in Marrakesch“ oder „12 Uhr mittags mit rotem Himmel“ oder einfach „Ohne Titel“. Bernd Pfarrs Titel lautet: „Nach dem Tritt in das Hundehäufchen versuchte Erwin intensiv, durch Meditation mit der ausgeschiedenen Tiernahrung in Kontakt zu treten um so die Sinnhaftigkeit des Fehltritts zu ergründen.“

    Ein Portrait – Orangener Hintergrund, kubischer Sessel, Bodendielen nicht perspektivisch, Tütenlampen.

    Im Sessel sitzt ein Mann im grauen Anzug, ein Bein über das andere geschlagen, die beiden Hände auf die Knie gepresst, mit eingezogenem Kopf ausdruckslos auf den Betrachter starrend. Hier könnte der Titel heißen: „Grauer Mann in Orange“ oder „Beinumschlag Variation VII“ oder… Pfarrs Titel: „Durch festes Verschränken der Beine versuchte Dr. Ziegler, den längst notwendigen Gang zum WC auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, um so noch in Ruhe die wichtigen Gedankengänge zu Ende zu führen. Dr. Zieglers Dilemma war nun, dass er mit der so gewonnenen Zeit nicht das Mindeste anzufangen wusste, da sein gesamtes Denken nur auf das keinesfalls nachzulassende feste Pressen der Beine gerichtet war.“

    Ein Bild vm verlassen aussehenden Fabrikgebäude.

    Die lange dunkle Mauer davor gibt Rätsel auf,  denn auch die Straße ist menschenleer. Des Rätsels Lösung: „Meine Wegbeschreibung zu unserem Treffpunkt war aber auch wirklich recht kompliziert! Kein Wunder, dass da selbst eine so intelligente Person wie Gerda leicht den Überblick verlieren kann! Und kaum jemand auf den Straßen, den man um Auskunft bitten könnte! Gerda, es tut mir leid.“ Mit einer derartigen Erklärung rechnet wohl niemand!“

    Solche und ähnliche Bilder befinden sich in dem Buch über den Maler, Zeichner, Cartoonisten Bernd Pfarr (1958 – 2004), dem Liebhaber Mitbegründer der modernen „Komischen Kunst„. Seine hintersinnigen Texte haben viel zu diesem Aha-Überraschungs-Effekt beigetragen.

    Gleich online bestellen: Meister der komischen Kunst von Bernd Pfarr

     

    Maler:

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  • ✒ Roman-Neuheit 2012: Der japanische Verlobte von Amélie Nothomb

    ✒ Roman-Neuheit 2012: Der japanische Verlobte von Amélie Nothomb

    cover.japan .verlobteEin autobiographisch gefärbter Roman über ihre Studienjahre, Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Jugend in Japan und Europa 1989/90.

    dad156b15ce34553b43bfa054d79d5ecDieser Geruch von Kohl, Krabben und Knoblauch erinnert Amélie an die schöne Zeit ihrer Kindheit mit ihrem japanischen Kindermädchen.
    Ohne auf ihre Gastgeber zu achten, spachtelt sie alle oko-nomiyaki in sich hinein wie in Trance. Als sie in die erstaunt reservierten Gesichter der japanischen Studenten schaut, hat sie als Erklärung parat: „Jedem Land seine Tischsitten. Ihr habt gerade die der Belgier kennen gelernt.“ Schon lockern sich die Gesichter, denn vor Traditionen – auch ferner Länder – haben Japaner Respekt.

    Begeistert übernehmen sie alles Fremdartige.
    Da in Japan der Platz Mangelware ist, werden alle Ausrüstungen – vom Wandern bis zum Brot backen – in eigenen Koffern angeboten. Mit einem echt Schweizer Fondue will ihr Französisch-Schüler sie überraschen. Aus dem Wunderkoffer holt er ein Rechaud mit Antihaft beschichteter Schüssel, ein Säckchen Schaumstoffkäse, eine Flasche Frostschutzwein nebst Würfel aus unvergänglichem Brot. Begeistert zeigt er sich, weil es ihm so gut gelungen ist, den „Käse“ lange Fäden ziehen zu lassen, wenn ein Stückchen Hundekuchen nach dem Eintunken zum Mund geführt wird – in seinen Augen ein Qualitätsmerkmal.

    Diese und andere autobiographische Geschichten erzählt Amélie Nothomb von ihren Studienjahren in Japan.
    Als Kind lebte die Diplomatentochter in Japan, als Studentin kam sie 1989 nach Tokio, um die Sprache zu lernen. Weil sich ihr Sprachschatz nicht deutlich verbesserte, beschloss sie, Unterricht in Französisch zu geben, um auf diesem Wege japanisch zu lernen. Auf ihre Anzeige meldet sich ein japanischer Student, der später ihr Verlobter werden sollte. Mit trockenem Witz und dem Abstand der Jahre erzählt Amélie Nothomb die teilweise urkomischen Unterschiede zwischen japanischer und europäischer Lebensweise. Von beiden Kulturen nimmt sie die „Tradition“ aufs Korn. Auch europäische Traditionen erscheinen, von Außen betrachtet, seltsam und bizarr.

    Der japanische Verlobte | Amélie Nothomb (Autor), Brigitte Große (Übersetzer) | Verlag: Diogenes | EUR 18,90

    Tradition:

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