Oskar Schlemmer träumte von einem Theater, in dem die Zuschauer in der Mitte sitzen und die Tänzer drum herum auftreten. Rund sollte der Raum sein und nach obenhin spitzer werden, wie eine umgekehrte Eistüte mit gekappter Spitze. Die Tänzer schrauben sich spiralförmig in die Höhe, die schon weit über dem Blickfeld von weitsichtigen Zuschauern liegt.
Raumwelten 2020 – Oskar Schlemmers Traum von einem bahnbrechenden Theater
Copyright: Artificial Rome GmbH | Bauhaus100 das totale Tanztheater
Mit seinem Triadischen Ballett hat Oskar Schlemmer schon gezeigt, dass er seine Zukunftsvisionen in die Realität umsetzen kann. In puncto Theater hieß es aber: „Träum weiter, Oskar!“ Aber jetzt, knapp 100 Jahre später, kommt Patrik de Jong daher und setzt das Theater zwar nicht in die Realität, jedoch in Virtual Reality um. Ein 600 Meter hoher Theaterturm, den kein Statiker beanstandet.
Ein Theater genau nach Oskar Schlemmers Bauzeichnungen!
Es beginnt mit vier echten Tänzerinnen, die durch die Technik vervielfacht werden. In der Mitte des Theaterturms steht das Publikum, mit VR-Brillen ausgerüstet. Je höher es geht, umso mehr Tänzerinnen kommen hinzu – etwas derart Unlogisches kann in der Virtual Reality durchaus logisch erscheinen. Weder Tänzer noch Zuschauer kommen sich in die Quere – schöne neue VR-Welt.
Eindrücke vom Kongress Raumwelten 2020, Plattform für Szenografie, Architektur und Medien
RSS-Fehler: A feed could not be found at `https://www.8ung.info/tag/vision/feed/`; the status code is `403` and content-type is `text/html; charset=iso-8859-1`
Was genau ist Virtual Reality, kurz VR, und was ist der Unterschied dazu – nämlich analoge Wirklichkeit? Ein Selbstversuch in „Raumwelten – von Sinnen“, Kongress der Szenographen, Architekten, Designer.
Die virtual (ähnliche) Reality (Wirklichkeit) ist vergleichbar mit einem Wachtraum.
Ich sehe alles dreidimensional vor mir, aber ich kann es weder greifen noch fühlen. Alles ist möglich. Es treffen Personen zusammen, die zu unterschiedlichen Zeiten gelebt haben. Ich bewege mich durch einen Wald, ohne das Moos an den Füßen zu spüren oder den Tannenduft einzuatmen. Fans von Computerspielen kennen und lieben die Scheinwelt. Voraussetzung ist ein langes Kabel für genügend Bewegungsfreiheit. Die Spieler setzen sich eine VR-Brille auf und schon geht es los. In meinem Fall sause ich mit einem Ballon in die Luft – ein Beitrag von Marie Lienhard.
Die 360-Grad-Kamera sieht alles.
Angebracht unterhalb des Ballons ist eine 360-Grad-Kamera, vergleichbar mit einem Insektenauge. Die Außenfläche einer Kugel ist bestückt mit Kameras, die mit Bild und Ton alles aufzeichnen, was oben, unten, rechts und links passiert. Mit einem Knall werde ich hochgeschossen und hebe in Sekundenschnelle ab. Tatsächlich, ich schwebe in der Luft, ohne das Fahrstuhlgefühl, das mir manchmal den Mageninhalt ansteigen lässt. Hebe ich den Kopf, sehe ich den Ballon über mir. Rechts und links im Rundumblick werden die Häuser immer kleiner. Weiter entfernt liegende Ortschaften; Berge und Flüsse erkenne ich. Den Blick nach unten wage ich erst, nachdem ich mich – mit Füßetrappeln auf dem Holzboden – vergewissert habe, dass ich mich in der Wirklichkeit am Boden befinde. Vor meinen Augen geht es steil in die Tiefe. Zwischen mir und dem Erdboden ist nichts außer Luft. Und siehe da, von Höhenangst ist nicht zu spüren. Nicht einmal, als der Ballon platzt und ich in rasender Geschwindigkeit in die Tiefe stürze. Zur Sicherheit halte ich mich mit den Händen am Stuhl fest und malträtiere den Boden mit meinen Schuhen. Das unterscheidet die Virtual Reality angenehm vom Alptraum.
Kaum habe ich die Brille abgenommen, befinde ich mich in der analogen Wirklichkeit. Im Innenkörper der Lichtwolke. Ich verlasse die Lichtwolke durch die Schwingtür.
Analog – Wärme, Kälte, blaue Flecken.
Bei dem Weg aus der Lichtwolke wärmt mich die Außenwand aufheizende Sonne. Der Weg nach außen führt durch eine rote Drehtür. Jede Tür am Drehkreuz hat auf Augenhöhe einen Pfeil, der genau auf einen Punkt im Türrahmen trifft. Um den genauen Punkt im Türrahmen zu treffen, muss ich den Schwung etwas zurücknehmen – passt! Sonst kann es vorkommen, dass der nächste Passant ganz in Gedanken in die offenstehende Türkante rummst. Das gibt erst einmal Kopfschmerzen, die nachhallen. War der Knall etwas heftiger, kann es zu einem blauen Auge führen. Beides lässt sich mit „Brille abnehmen“ nicht aus der Welt schaffen.
Analog – wirklich, direkt, zum Anfassen, Riechen und Schmecken.
Draußen – in der Kälte – steigt mir Rauch in die Nase, in Kombination von Grillwurstaroma. Schon wieder sehe ich ROT. Ein Feuerwehrauto steht im Akademiehof. Wie praktisch, denke ich erst einmal. Bei näherem Hinsehen bemerke ich, dass der Künstlerkoch Mario Ohno seine rote „Bertha“ entkernt und zu einer funktionierenden Küche ausgebaut hat. Auf dem Grill brutzelt er Würste, die er vergoldet und mit selbst gemachtem Senf serviert. Seine blaue Farbe erhält der Senf durch die fruchtigen Blaubeeren (Heidelbeeren, Bickbeern), die nötige Säure durch Essig, und neutralisiert wird die Mischung mit Honig. Die Zunge findet die einzelnen Zutaten heraus. Angenehm liegt die heiße Wurst zwischen den kalten Fingern, obwohl das Fett daran klebt – na ja, das gehört dazu.
Unterschied zwischen Virtual Reality und analoger Wirklichkeit
Mit Hilfe einer 360-Grad-Kamera ließe sich dieses Szenario aufnehmen und als Virtual Reality durch eine Brille anschauen. Rauch in den Augen, Wurstaromen in der Nase, das Stehen dicht an dicht in der Warteschlange, Balancieren der Teller, der Knack mit Fettspritzer beim Reinbeißen und den Geschmack von Currywurst in Kombination mit Blaubeersenf gibt es nur in der analogen Welt. Der Gang durch die Drehtür wäre eine Wonne mit Virtual Reality. Beim Knall gegen die Türkante sehe ich Sternchen. Eine Beule wächst auf meiner Stirn, das Auge färbt sich von Gelb über Grün und Violett hin zum Blau – in Sekundenschnelle. Den Schmerz spüre ich nur in der analogen Welt, wie auch den Lufthauch beim Drehen der Tür. Welche Wirklichkeit ist besser?
Weiterführende Informationen
Diese Eindrücke formten sich in #raumwelten – Plattform für Szenografie, Architektur und Medien Kongressmotto in Ludwigsburg → „Von Sinnen!“
Cookie-Zustimmung verwalten
Um dir ein optimales Erlebnis zu bieten, verwenden wir Technologien wie Cookies, um Geräteinformationen zu speichern und/oder darauf zuzugreifen. Wenn du diesen Technologien zustimmst, können wir Daten wie das Surfverhalten oder eindeutige IDs auf dieser Website verarbeiten. Wenn du deine Zustimmung nicht erteilst oder zurückziehst, können bestimmte Merkmale und Funktionen beeinträchtigt werden.
Funktional Immer aktiv
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt.Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.