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♫ Inhalt / Handlung: Faust Verdammnis (La Damnation de Faust) – Oper von Hector Berlioz

Faust Verdammnis erzählt die Geschichte von Dr. Faust, den alles langweilt. Gretchen lässt er schwanger zurück. Mephisto entführt ihn in die Hölle. Die Dramatische Legende „La damnation de Faust“ op. 24 von Hector Berlioz besteht aus vier Teilen und einen Epilog.


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Teil 1 – Faust erwacht mitten in der ungarischen Ebene und besingt den Frühling.

Von fern hört er die Lieder der Landleute – Originaltext von Goethe „Der Schäfer putzte sich zum Tanz…“ Faust fühlt sich gestört, aber die Bauern singen und tanzen fröhlich weiter, bis von Ferne andere Töne überwiegen.
Eine Armee zieht mit dem „Ungarischen Marsch“ vorbei. Faust bewundert sie, weil sie so stolz und siegessicher in den Kampf ziehen können, während ihn das alles nicht berührt. Er entfernt sich.

Teil 2 – In Norddeutschland durchlebt Faust eine schwere depressive Phase.

Allein in seinem Studierzimmer ist er kurz davor ist, sich zu vergiften. Gerade als er den Giftbecher ansetzt, hört er von draußen kirchliche Musik – „Ostergesänge“ im Original von Goethe. Dieser beruhigende Gesang bringt Faust wieder zurück ins Leben.
Plötzlich steht Mephisto vor Faust und verspricht, ihm zu zeigen, wo er Glück, Lust und die Erfüllung von heißen Wünschen finden kann. Zusammen fliegen sie zu Auerbachs Keller nach Leipzig. Unter Zustimmung der Zecher trägt der Stammgast Brandner ein Lied vor. Diese unappetitliche Moritat handelt von einer Ratte, die vergiftet wird und im Ofen landet. Mephisto weiß ein ähnliches Lied, das nur ab einem bestimmten Alkoholspiegel gefällt. Faust flieht vor den grölenden Betrunkenen.
Mephisto gibt nicht auf. Am Ufer der Elbe singen Elfen und Nymphen zarte Lieder, bis Faust einschläft. Im Traum erscheint ihm Margarete. Um die schöne Stimmung noch zu vertiefen, lässt Mephisto seine Luftgeister um ihn herum singen und tanzen. (auch die Zuschauer lehnen sich behaglich zurück bei so viel Harmonie). Danach marschieren singende Soldaten und Studenten durch seinen Traum. Als Faust erwacht, möchte er unbedingt Margarete sehen.

Teil 3 – Mephisto bringt Faust in Margaretes Zimmer.

Faust Verdammnis Oper, Mephisto klopft an die Tür

Faust wartet, schaut sich um, und verbirgt sich hinter einem Vorhang. Margarete tritt ein, kämmt sich ihr güldenes Haar und lässt noch einmal ihren Traum an sich vorbeiziehen, in dem sie ihren zukünftigen Liebhaber gesehen hat. Während sie ihre langen Zöpfe für die Nacht frisiert, singt sie die Ballade vom König von Thule (Goethe).  Mephisto heizt die Stimmung mit dem Chor der Irrlichter noch zusätzlich ein. Faust und Margarete stehen sich gegenüber und – nach einem gegenseitigen Wiedererkennen der Traumgestalten – gleich sehr, sehr nahe. Mephisto stört die Zweisamkeit, denn die Nachbarn haben Margaretes Mutter alarmiert. Die gute Frau Oppenheim ist schon unterwegs. Faust muss fliehen.

Teil 4 – Faust Verdammnis: Margarete bleibt schwanger allein zurück.

Gretchen singt die traurige „Romanze“ (original von Goethe). Soldaten und Studenten verhöhnen sie.
Währenddessen irrt Faust allein durchs Gebirge. Mephisto gesellt sich zu ihm und berichtet, dass Margarete im Gefängnis gelandet ist. Sie hat ihre Mutter vergiftet. Faust ist außer sich und verlangt von Mephisto, Margarete zu retten. Der stimmt zu unter der Bedingung, dass Faust ihm ab morgen dienen wird. Faust will seine Margarete schon heute retten und unterschreibt den Pakt mit dem Teufel. Daraufhin setzt Mephisto ihn aufs Pferd und sie reiten durch die Welt – allerdings kommen sie nicht bei Margarete an, sondern in der Hölle. Mephisto feiert mit den Dämonen seinen Sieg über Faust.

Epilog – Margarethe landet im Himmel.
Der Chor der himmlischen Geister feiert ihre Rettung.

Faust Verdammnis – Oper (La Damnation de Faust)

Die Musik zu dieser Oratorienoper komponierte Hector Berlioz, das Libretto schrieben Almire Gandonnière und Hector Berlioz nach der Übersetzung von Goethes Faust I von Gérard de Nerval. Die konzertante Uraufführung fand am 6. Dezember 1846 in der Opéra-Comique in Paris statt. Die Spieldauer beträgt ca. 2 1/4 Stunden.

Personen
Marguerite/Margarethe (Mezzosopran)
Faust (Tenor)
Méphistophélès/Mephisto (Bariton oder Bass)
Brander (Bass)
großer Chor
erweitertes Orchester mit Bühnenmusik.

Berlioz schrieb in seinen Memoiren:
„Als bemerkenswertes Ereignis meines Lebens muss ich den eigentümlich tiefen Eindruck hervorheben, den ich von Goethes „Faust“ erhielt. Das wunderbare Buch faszinierte mich sogleich, ich ließ es nicht mehr los; ich las es fortwährend, bei Tisch, im Theater, auf den Straßen, überall.“
Berlioz komponiert in seiner Begeisterung Musik für den „Faust“. Er setzt nicht die Geschichte um, wie Goethe sie schrieb, sondern hüllt seine Gefühle in Musik, wie er sie beim Lesen der Geschichte empfand: „Ich versuchte weder, das Meisterwerk Goethes zu übersetzen, noch, es nachzuahmen, sondern ließ es lediglich auf mich wirken, in dem Bestreben, seinen musikalischen Gehalt zu erfassen.“
Zur gleiche Zeit beschäftigt ihn der Rákóczi-Marsch. Also verlegt er den ersten Teil nach Ungarn, um gleichzeitig diese Musik mit unterbringen zu können.



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Oper Stuttgart: „Fausts Verdammnis“ – Bilder im Kopf

„La Damnation de Faust“ von Hector Berlioz in der Neuinszenierung der Oper Stuttgart – schauspielender Opernchor, stimmgewaltige Sänger, originelle Bühnenbilder, aufwändige Kostüme.

Turbulenter Start der Oper.

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Ein abgehalfterter Dokumentarfilmer, der seine Kamera nur noch als Requisit nutzt, sieht sich von Menschenmassen überrollt. Zigeuner stören Faust (Pavel Černoch) in seiner depressiven Stimmung, diese „Ethnische Minderheit ohne festen Wohnsitz“, die fröhlich eine Hochzeit feiert. So richtig glücklich scheint die Braut nicht zu sein – ihren Handtaschen-Attacken nach zu urteilen. Tanzen will sie nicht mit ihrem Bräutigam,  der für seine Bemühungen mit Knüffen belohnt wird.  Auf dem Boden scharen sich die Männer  vor einem kleinen Transistorfernseher. Dem Minenspiel nach sehen sie entweder ein Fußballspiel oder einen Actionfilm. Aus dem Wohnwagen holen die Frauen Unmengen von Campingstühlen, ein paar Klapptische, Dosen mit Köstlichkeiten – ein Fest mit der ganzen Sippe unter freiem Himmel.
Diese Anfangsszene in Ungarn, siehe →  Inhalt / Handlung: Fausts Verdammnis   gehört zu den schönsten in dieser bilderreichen Inszenierung. Das liegt an den Kostümen, an der Maske und vor allen Dingen am Chor (des Jahres 2011). Mimik, Gestik und Gesang sind genau aufeinander abgestimmt. Andrea Moses gehört zu den Regisseurinnen, die viel von den Sängern fordern und an darstellerischen Fähigkeiten aus ihnen herausholen. Auch die anderen Sänger punkten als Darsteller, wie Mark Munkittrick als der schmierige Brander. Ebenfalls souverän mit kräftiger Stimme singt der Bariton Robert Hayward den Méphistophélès.

Der Rede wert sind die fantasievollen Bühnenbilder und Kostüme von Christian Wiehle.

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Was geht in Fausts Kopf vor? Das können die Zuschauer mit verfolgen, denn sein Kopf nimmt die ganze Bühne ein. Die Elfenszene am Ufer der Elbe, siehe → Teil 3 – Mephisto bringt Faust in Marguerites Zimmer spielt in einem Schlaflabor. Der Chor singt im Hintergrund zarte Wiegenlieder, während sich Fausts Riesenkopf mit Bildern füllt. Er fliegt über Felder, Wälder, Flüsse, unter Brücken hindurch. Am Ende seiner Traumreise setzt sich das Bild von Marguerite in seinem Kopf fest.

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Ebenfalls originell ist das Idyll in den gekippten gotischen Kirchenfenstern. Hier wohnt Marguerite (Maria Riccarda Wesseling); hier singt sie ihr Lied vom König von Thule (ein richtiger Ohrwurm, den ich während des Schreibens noch mitsumme); hier trifft sie Faust; hier spielen die Irrlichter – wunderbar singt und spielt der Kinderchor. In Matrosenkleidern fangen sie einander, lassen Drachen steigen, üben Geige.

Nach der Höllenfahrt wird Faust in eine gläserne (Kunststoff)Kugel verfrachtet und quer über die Bühne gerollt. Er wird zum Spielball der Bösen, ohne selbst steuern zu können.

Erst Idylle, dann Gewalt.

Andrea Moses „Roter Faden“ ist vom Prinzip her einfach und zieht sich durch die ganze Operninszenierung. Sie scheint eine Vorliebe für drastische und Gewaltszenen zu haben.  Alles Positive, Erfreuliche bekommt sofort einen negativen Schlusspunkt.
Zigeuner feiern fröhlich eine Hochzeit – schon kommen Soldaten der Nationalgarde und prügeln alles nieder.
Margarete wartet freudig und sehnsuchtsvoll auf ihren Faust; meint seine Schritte zu hören – zur Tür herein kommen drei der Lederkluft-Soldaten und vergewaltigen sie.
Am Schluss verwandelt sich Mephisto in einen Kardinal – geläutert? Oh nein, er gibt Marguerite eine vergiftete Hostie, an der sie stirbt.
„Fausts Verdammnis“ – das Schlechte am Schluss.

Fausts Verdammnis von Hector Berlioz in der Oper Stuttgart

Musikalische Leitung: Kwamé Ryan
Regie: Andrea Moses
Bühne und Kostüme: Christian Wiehle
Licht: Reinhard Traub
Video: Timo Schierhorn
Chor: Michael Alber
Dramaturgie: Thomas Wieck
Fotos: A.T. Schaefer

Besetzung am 5. November 2011:
Marguerite: Maria Riccarda Wesseling
Faust: Pavel Černoch
Méphistophélès: Robert Hayward
Brander: Mark Munkittrick


Wallgraben Theater in Freiburg: „Faust/Reloaded“ nach Johann Wolfgang von Goethe


In der Mitte der Bühne steht etwas, was als Bett oder Schlafstätte gedeutet werden kann. Bananenkartons (Fair Trade), darauf eine Matratze. In eine Decke eingehüllt ein schlafender junger Mann (Ives Pancera), der eine Tastatur im Arm hält. Von überall blicken ihn Computer und Monitore an, die irgendwelche Geräusche aus amerikanischen Fernsehserien mit obligatorischer Werbung von sich geben. Eine richtig schnuckelige Müllhalde ist auf der Bühne aufgebaut. Die Behausung eines Hotel-Mama-Entfleuchten und damit total versumpften jungen Mannes, der mit seiner Zeit nichts anzufangen weiß. Seine einzige Beschäftigung scheinen Computerspiele zu sein. In einer Ecke stapeln sich gelbe Säcke, voll gefüllt mit leeren Limo- und Bierdosen; vorn ein Berg Pizzaschachteln, davor Kaffee-Pappbecher. Essen und trinken erledigt er nebenbei.

Wie Faust ist er ein Besessener, allerdings nicht von der Wissenschaft, sondern vom Computerspiel.
An der Wand hängt ein Portrait einer jungen Frau (könnte von der Straßenmalerin stammen), das in seinem Traum rot glüht. Verzweifelt sucht er in seinem Kruscht nach der CD, zieht seinen Schlafanzug und die verschiedenfarbigen Socken aus und enge, schwarze Kleidung an, aus der überall Kabel heraushängen. Mit zittrigen Fingern – wie ein Süchtiger – verkabelt er sich mit den Geräten.
Er spricht den Goethetext in sein Computergegenüber. Rückmeldungen bekommt er jeweils aus dem Monitor – zum Einen von Mephisto (gesprochen von Andreas von Sudnitz), zum Anderen von Gretchen (gesprochen von Tini Prüfert), die zu ihm kommt, wenn er das Spiel richtig beendet. Gretchen kündigt sich immer mit dem Lied: „Es war ein König von Thule…“ an. Faust durchlebt alle Stationen, von chapter one bis chapter end. Auch Gretchen geht ihren Weg, den Goethe ihr vorgeschrieben hat. Allerdings klingt ihr Text nicht so dramatisch wie beim jungen Faust, weil es aus dem Computer kommt. Es ist halt nur ein Spiel, wiederholbar bis zum nächsten Spieler.
Faust hingegen empfindet alles ganz real und kann sie doch nicht retten. Sie befindet sich im Kasten – weit weg von der Realität – er ist dagegen mit seiner Verzweiflung allein.

Andreas von Studnitz ist eine zeitgenössische wie kurzweilige Neuinterpretation des Faust gelungen. Ives Pancera trumpft auf als der junge Faust, sowohl vom Alter als auch überzeugend von Mimik und Gestik. Dieses Ein-Personen-Stück-mit-Stimmen bezaubert von Ausstattung und Spiel auch diejenigen, die sich mit den Gepflogenheiten eines Computerspiels und damit eines Computersüchtigen nicht auskennen.

3. März 2012 | Inszenierung und Ausstattung von Andras von Studnitz
Faust: Ives Pancera
Wallgraben Theater in Freiburg

Faust: