Prokrastination. Kennen Sie das? Klingt gut, so wie eine ansteckende Krankheit. Stimmt im Prinzip. Kaum eine kann das Wort aussprechen, ohne zu stottern, aber jede Leserin kennt es genau.
Was heißt Prokrastination auf Deutsch?
Auf Deutsch klingt es vertraut: „Aufschieberitis“, „Der Tanz um die Aufgabe, die Abgabe“ oder der alte Spontispruch: „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe schnell auf morgen!“ Ganz Schlaue, die sich für gebildet halten, verleihen diesem Zustand mit dem Wort „Prokrastination“ einen wissenschaftlichen Hauch. Das klingt doch nach was.
Was heißt Prokrastination in der Praxis?
Ein Artikel muss zu einem baldigen Abgabetermin fertig sein.
Ich sitze an meinem Holzschreibtisch, der vollständig bedeckt ist; rechts von mir ein Kasten mit Kugelschreibern, leeren Postkarten, die ich nicht mehr benötige. Vorn – zum häufigen Gebrauch – stecken ein Maßband, ein Schraubenzieher (den ich noch nie gebraucht habe, aber wahrscheinlich Jonas) Aufkleber und – was ich am häufigsten benutze, der Stick für die Postbank. Davor verharrt eine USB-Steckdose, daneben ein Lautsprecher. Ein Anspitzer mit einer Abfallbox aus Klarsichtplastik fällt mir erst jetzt auf. Die Box ist halb gefüllt, also habe ich ihn schon einmal benutzt. Das wundert mich, denn normalerweise schreibe ich mit Kulis. Ach ja, die meisten meine Kulis sind leer und lassen sich nicht nachfüllen, weil die Ersatzminen jede ein anderes Format haben. Ich merke, ich müsste hier einmal kräftig ausmisten.
Genaue Beobachtungsgabe ist gefragt.
Mehr in der Mitte befindet sich eine größere externe Festplatte, auf der meine Fotos von 2009 bis 2015 gelagert sind. Ich bin ganz froh, dass ich sie noch habe, obwohl ich diese Fotos sowohl auf CDs, als auch in meinem Arbeitsrechner als auch in einer Kleineren, dafür aber mit mehr Datenvolumen gespeichert habe. Wenn meine Bilddateien verloren gehen, sind sie ein für alle Mal weg.
In dem Brillenetui steckt die Weitsichtbrille, die ich mir für die Opernaufführungen anfertigen ließ. Das war kurz vor Corona!
Also kaum benutzt.
Wir arbeiten uns vor zur Mitte
Vor mir liegt die Tastatur, die ich wirklich immer gebrauche, dahinter der Ordner mit den Passwörtern. Ich muss unbedingt die Passwörter neu in den Rechner schreiben und sie dann sofort ausdrucken. Die Zugangswörter selbst bewahre ich in einem Stick auf. Danach lösche ich die Eintragungen im Rechner.
Am Ende des Tisches hat ein Locher seinen Platz, den ich ab und an für das Lochen der Blätter benutze, wenn ich wieder einmal ein neues Blatt für die Passwortliste gebrauche. Daneben steht ein wirklich solider Kleber-Abroller, der auch als Sperre für das Runterfallen dient.
Der Schreibtisch hat auch eine linke Seite
Weiter links lehnen sich hochkant Briefe und Notizblöcke an die Ablage-Holzkästen. Sie waren einmal geordnet – vorn die halbvollen, hinten die vollen. Obwohl ich nicht weiß, ob die je wieder in sie hineinschauen werde.
Was die Ablagekästen ganz genau enthalten, weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur noch, dass es für mich wichtige Schriftstücke sind. Ganz oben liegen die Dinge, die ich gebrauche, aber mich auf anderen Plätzen stören.
Jetzt liegen obendrauf noch die halben Handschuhe, die mir mein Schatz geschenkt hat. Es sind Stulpen, die ein Loch für den Daumen freilassen. Ich kann damit schreiben, und die Hände bleiben warm. Mit dabei ist der Jaquardschal aus reiner Wolle im gleichen Muster. Den werde ich allerdings nicht tragen, obwohl er sehr wertvoll und exquisit ist – Schals zu tragen gehört leider nicht zu meiner Gewohnheit.
Darunter liegen die Papiere von der Telekom, die ich ab und an brauche, und die Papiere von VG-Wort, die ich kaum brauche. Zumindest noch nicht.
Ablagekästen – vergessene Ordnung
Erst durch das Schreiben habe ich entdeckt, dass in der mittleren Ablage der Kindle versteckt ist, den ich 2x gebraucht habe. Mit dem Vergnügen beim Lesen eines Buches kann so ein Ding nicht mithalten. Von 2012 liegen Rechnungen in Klarsichtfolie, die ich vermutlich entweder nicht mehr gebraucht habe oder die privat sind. Dafür werde ich mir einen extra Ordner mit einem Extraplatz suchen – und hoffentlich wiederfinden!
Überhaupt fällt mir auf, dass ich die alten Schriftstücke der letzten 20 Jahre zum größten Teil entsorgen kann/darf/muss! Unten bunkern in Klarsichtfolien irgendwelche wichtigen Schreiben von der AOK und vielleicht auch Webhostern. Sollen sie bleiben, wo sie sind. Wie gesagt, siehe weiter oben.
Schnell zur Hand, wenn etwas gebraucht wird.
Vorn, und damit für den häufigen Gebrauch, steckt die kleine externe Festplatte, ich jeden Mittwoch für ein Backup heraushole. Ebenso etwas häufiger gebrauche ich die verschiedenen Sticks, die einmal geordnet waren und jetzt leider durcheinander liegen. Die muss ich wirklich einmal durchschauen und nur noch das übrig lassen, was sich wirklich brauche. Vor allen Dingen lösche ich das Doppelte und lasse auch noch genügend Platz, damit ich sie später aktualisieren kann.
Mein Waschlappen dient dazu, die Teetasse abzustellen und meine Nasenpopel diskret zu entsorgen. Der kommt gleich in die Wäsche. Direkt links neben meiner Tastatur wartet ein Stapel Notizpapier darauf, dass ich meine Fragen mit der Bitte um Lösungsmöglichkeiten ans Universum schicke. Ich weiß wirklich nicht genau, ob ich noch daran glaube, aber ich mache es – schaden kann’s nicht.
Schreiben, einfach drauflos schreiben.
Die Voraussetzungen sind geschaffen, ich lege los. Wenn dabei der Artikel herauskommt, den ich schreiben muss/will/kann, habe ich Glück gehabt.
Egal – ab jetzt gilt: Schreiben, was die Fantasie vorgibt, diktiert, einflüstert.
Sind sie gespannt auf das Ergebnis?
Ich auch!!!
Demnächst in diesem Kulturmagazin 8ung.info – bis bald.
Schreiben, was die Fantasie hergibt!!!
- Die besten Geschichten schreibt das Leben. So auch die denkwürdige Ansprache des Bürgermeisters bei den Sommerlichen Musiktagen in Hitzacker 1971. Der ehemalige (kaiserliche) Luftkurort Hitzacker liegt direkt an der Grenze zur DDR, auf der einen Seite von die Elbe umflossen, auf der anderen Seite geprägt vom bäuerlichen Hinterland. Aus Hannover kommen Musikliebhaber, um hochkarätige Kammermusik […]