Aida
von Giuseppe Verdi in der Stuttgarter Staatsoper
Die Bühne gleicht einem ausgehöhlten Goldbarren – von innen.
All diesem opulenten, zur Schau gestellten Reichtum setzt der Regisseur Karsten Wiegand eine vielleicht den Schwaben einschmeichelnde Bescheidenheit entgegen. Mit Regie-Einfällen geht er sparsam um, man könnte schon von Geiz sprechen.
Chormitglieder singen vereinzelt im Profil, gehen über die Bühne wie auf einem ägyptischen Relief, aber nur vereinzelt und zart angedeutet. Büschel goldener Lametta in beiden Händen werden rhythmisch nach rechts und links bewegt.
Die Sänger singen ins Publikum – das zahlt schließlich Eintritt und hat es somit auch verdient.
Auch in den Szenen, in denen sich Aida María José Siri und Radames Héctor Sandoval ihre Liebe erklären, und sogar in der Szene, in der sie gemeinsam in den Tod gehen, haben sie keine Blicke für sich, sondern nur für das Publikum – das nenne ich Dienst am Kunden.
Konzertante Oper
Meist stehen die Chormitglieder hufeisenförmig an den goldenen Wänden. Beim Triumphmarsch schunkeln sie im Zeitlupentempo nach rechts und nach links – das war’s. Der Triumphmarsch.
Dafür steht die Musik bei dieser Inszenierung im Vordergrund. Keine Aktivität auf der Bühne lenkt davon ab, denn wo nichts ist, kann auch nichts ablenken. Man könnte von einer konzertanten Oper sprechen. Aida-Trompeten erklingen von den Rängen rund im Opernhaus. Deutlich strukturiert ertönt Musik aus dem Orchestergraben (Musikalische Leitung Manfred Honeck) und hinter der Bühne.
Großer Extrachor (Einstudierung Michael Alber) behauptet sich neben dem – wie immer – stimmpräsenten Staatsopernchor, leider vom Szenischen total unterfordert.
Sowohl Sänger, Orchester, Chor, Extrachor, Statisten, Bläserverstärkung liefern eine exzellente Leistung ab. Sie alle hätten eine fantasievollere Inszenierung verdient.
Der Regisseur hat nicht nur den Kern dieser Oper freigelegt, sondern ihn soweit ausgepult, dass kaum was übrig bleibt.
Fazit:
Radamès Héctor Sandoval und Amneris Marina Prudenskaja passen hier viel besser zusammen. Sie schauen sich an und agieren miteinander, während die steife Aida María José Siri nur Augen für das Publikum hat und immer weit nach vorn an die Rampe drängt, um ihre Arien zu singen.
Könnte man die Geschichte für diese Sänger nicht umschreiben?
Aida, Oper in vier Akten von Giuseppe Verdi
Libretto von Antonio Ghislanzoni, verfasst nach einem Szenarium des Ägyptologen Auguste Mariette Bey
Musikalische Leitung Manfred Honeck
Regie Karsten Wiegand
Bühne Bärbl Hohmann
Kostüme Anna Eiermann
Licht Reinhard Traub
Chor Michael Alber
Dramaturgie Angela Beuerle
Besetzung am 8. November 2008:
Il Re Daniel Henriks
Amneris Marina Prudenskaja
Aida María José Siri
Radamès Héctor Sandoval
Ramfis Liang Li
Amonasro Yalun Zhang
Sacerdotessa Olga Polyakova
Un messaggero Heinz Göhrig