♫ Colours: Tanzakrobatik zu klassischer Live-Musik

Circa: En Masse – © David Kelly

Colours – International Dancefestival in Stuttgart, zeigt Musik und Tanz. Live auf der Bühne – gesungen, gespielt und getanzt von Musikern und Tänzern. Wohltuend! Wieder aktive Musiker auf der Bühne.

Franz Schuberts Winterreise, gesungen von Tenor Hans Jörg Mammel.

Circa: En Masse – © David Kelly
Circa: En Masse – © David Kelly

Die Winterreise handelt von Einsamkeit, Kälte, unerwiderter Liebe.
Als wohnsitzloser Wanderer kommt Hans Jörg Mammel singend über die Bühne, füllt den Saal mit seiner kräftigen Stimme, besticht mit genauer Aussprache und Textverständlichkeit. Jedes Wort der einzelnen Lieder ist klar und deutlich zu verstehen.

In einem Lied passen Inhalt und Tanz wunderbar zusammen.

Circa: En Masse – © David Kelly
Circa: En Masse – © David Kelly

Ein aufgeblasener, durchsichtiger Plastikbunker – ohne sichtbare Fenster oder Tür – steht mitten auf der Bühne. Er ist gefüllt mit Tänzern, die herauszukommen versuchen. Erschöpft bewegen sie sich in Zeitlupe. Bei Versuchen, sich gegen die Wand zu drücken, werden sie im Fluge aufgehalten – immer kurz vor der Trennwand.

Circa: En Masse – © David Kelly
Circa: En Masse – © David Kelly

Vereinzelt bilden sie Pyramiden, versuchen vergeblich, mit ausgestreckten Armen die Decke zu erreichen. Mit ihren Körpern erschaffen sie Treppen, über die ein Gefangener steigt und abstürzt. Vergebliche Mühe.
Im Gegensatz zum Liedtext treten sie nicht in einer Schneewüste auf, sondern in einem schwül-heißen Raum, in dem der Erstickungstod droht. Hier können die Zuschauer an diesem Tropentag mühelos mitleiden.

„Sacre du Printemps“ von Stravinski – Klavierduo Grau/Schumacher – Ensemble Circa.

Im zweiten Teil zeigt das Ensemble Circa Akrobatik zur Ballettmusik „Sacre du printemps“ von Igor Strawinsky, gespielt vom Klavierduo Grau/Schumacher. Der Flügel steht hinten auf der Bühne, im Vordergrund die Tanzfläche. Die beiden Musiker sind die ganze Zeit gegenwärtig. Ihr voller Klang erfüllt den Raum.

Circa-Tänzer zeigen Tanzakrobatik.

Circa: En Masse – © David Kelly
Circa: En Masse – © David Kelly

Mit bis zu drei Personen übereinander bilden sie Pyramiden, die immer wieder in sich zusammenfallen. Sie nehmen Anlauf, bleiben an einem Mittänzer kleben oder springen über ihn/sie hinweg.
Dabei verfolgen sie ihren eigenen Rhythmus, der selten mit der Musik zusammenpasst. Sie sind viel zu beschäftigt, um auf die Musik zu hören. Ihre ganze Konzentration stecken sie in die nächste Nummer.

Strawinski schrieb „Sacre du Printemps“ als Ballettmusik.

Die Musik enthält viele Stellen, die Choreografen für ihre Schrittfolgen nutzen. Nach den Pausen setzen neue Schrittfolgen ein. Sowohl bei den Tönen als auch bei den Pausen sind Tanzensemble und Klavierduo eher zufällig zusammen. Beide Kunstformen laufen nebeneinander, ohne sich zu stören oder zu ergänzen.

Die Zuschauer hatten die Wahl.

Circa: En Masse – © David Kelly
Circa: En Masse – © David Kelly

Entweder sie verfolgten die Akrobatik im Vordergrund, oder sie hörten auf die fantastische Musikdarbietung. Beides zusammen war schlecht möglich.
Ein gutes Beispiel für ein friedliches Nebeneinander zweier Darstellungsweisen.

COLOURS INTERNATIONAL DANCE FESTIVAL in Stuttgart

Ensemble Circa aus Brisbane/Australien

  1. Juli 2019 im Theaterhaus Stuttgart
    Choreographie // Choreography: Yaron Lifschitz & das circa Ensemble
    Musik // Music: Franz Schubert, Klara Lewis, Igor Strawinsky Performed by the Circa Ensemble
    Musiker*Innen // Musicians: Klavierduo Grau/Schumacher; Tenor: Hans Jörg Mammel
    Regie & Bühnendesgin // Direction & Stage Design: Yaron Lifschitz
    Lichtdesign // Lighting Design: Yaron Lifschitz & Richard Clarke
    Kostümdesign // Costume Design: Libby McDonnell
    Assistenz Kostümdesign // Assistant Costume Designer: Anna Handford
    Technische Leitung // Technical Director: Jason Organ
    Requisiten // Props: John Blake
    Produktion // Producer: Danielle Kellie

Colours – Internationales Tanzfestival in Stuttgart

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Ballett Gauthier Dance: „Deuces“ – 2 in der Mehrzahl

Deep Down - Mauro Bigonzetti

Die Idee zu diesem Projekt kam Eric Gauthier an einem Ballett-Galaabend in der Oper. Ein Pas de deux folgte dem anderen, und nach der Pause wieder von vorn. So etwas wollte er einmal realisieren. Natürlich mit den Mitteln des Modern Dance und damit weitaus faszinierender.

Je zwei Tänzer sollten es sein, aber bunt gemixt.

Mal 2 Frauen, mal 2 Männer, mal gemischt. Eingeladen hat Eric Gauthier männliche Choreografen. Aus Gleichheitsgründen, denn in der letzten Produktion agierten ausschließlich Damen.
Und da hervorragende Choreografen nicht 2 Wochen Zeit erübrigen können, um in Stuttgart mit den Tänzern ihre Stücke einzuüben, reisten die Tänzer zu den Choreografen. Sie fuhren nach Portugal, Italien, Holland …
Herausgekommen ist ein abwechslungsreiches Programm, das die Klammer „Duo = 2 Personen“ zusammen hält.

Deep Down – Mauro Bigonzetti

Deep Down - Mauro Bigonzetti
(c) Regina Brocke


Deep Down von Mauro Bigonzetti erinnert am meisten an Pas de deux. Sie tanzen als Paar zusammen, jedoch nicht zu klassischer Musik. Ihr Klangkörper besteht aus Wasserrauschen, mal lauter, mal leise, mal wie ein Sog.

Scratch – Rui Horta

Scratch - Rui Horta
(c) Regina Brocke


Sie hängen am langen Kabeln, der aus ihren schwarzen Anzügen zu einem
Lautsprecher führt. Daraus kommt ein Knacken wie aus alten Volksempfängern. Genau so abgehackt sind ihre Bewegungen. Sie tanzen allein, kommen nur ab und an zusammen. Obwohl sich ihre Kabeln bisweilen verheddern, finden sie immer wieder auseinander und zusammen. Mit steigender Lautstärke geraten sie bei Knackgeräuschen fast in Ekstase – fast.

Honigsaft – Barak Marschall

Honigsaft - Barak Marshall
(c) Regina Brocke


Eine Frau und ein Mann, offensichtlich ein Paar. Sie sitzen nebeneinander und streiten lauthals. Das setzt sich in Bewegung fort.
In rasender Geschwindigkeit tanzen sie einen Ländler. Das geht für ein paar Takte gut und gleichmäßig. Dann kommen sie aus dem gemeinsamen Takt. Er oder Sie tritt daneben und beide entwickeln ein ebenso rasantes Eigenleben. Jeder tanzt für sich allein, bis sie sich wieder auf der Bank treffen und sich angiften. So geht es munter in verschiedenen Variationen. Am Schluss siegt die Frau, die ihren Partner mit einem gezielten Schlag außer Gefecht setzt.

Prima – Richard Siegal

Prima - Richard Siegal
(c) Regina Brocke

Swing, Dixieland, Benny Goodman: Sing, Sing, Sing – genau wie in Tanzfilmen. Sie wirbeln über die Bühne genau wie die Tanzfiguren der 50er Jahre, allerdings mit Spitzenschuhen – eine wundervolle Kombination, einfach atemberaubend.

Julia – Nacho Duato

Julia - Nacho Duato
(c) Regina Brocke


2 Tänzerinnen gestalten Bilder über Bilder, die im Gedächtnis bleiben. Sie stehen dicht hintereinander, mit dem Gesicht zum Zuschauer. Rechte Hand der Vorderen greift an den Kopf der Hinteren, linke Hand der Hinteren greift an den Kopf der vorderen Tänzerin. Man sieht 1 Person, die sich an den Kopf greift. Neigen sie den Kopf nach außen, so entsteht 1 Person mit 2 Köpfen.
Und schon klickt mein innerer Bildspeicher, der dieses Bild jederzeit abrufen kann.

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The Heart – Marco Goecke

The Heart - Marco Goecke
(c) Regina Brocke


Marco Goeckes Solostücke sind schon schwer zu ertragen. Sie zeichnen sich aus durch epileptisches Zucken, hektische Bewegungen von Menschen, die sich im psychischen Ausnahmezustand befinden.
Wenn aber 2 Personen synchron trippeln, von der Bühne herunterspringen, wieder hochhopsen, sich schütteln, Arme und Beine bewegen wie durch Stromschläge ausgepeitscht, dann fragt sich die unbedarfte Zuschauerin, wo hier die Grenze ist.
Choreograf Goecke äußerte sich im Vorspann mit dem Satz: „Man sagt ja, Drei ist einer zu viel. Meiner Erfahrung nach würde ich sagen: Zwei ist einer zu viel.“
Dem ist nicht hinzuzufügen.

Ballettkompanie Gauthier Dance: „Deuces“, Theaterhaus Stuttgart, 17. März 2019

Mehr über Choreographen:

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