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Buchtipp: Nein! ich will keinen Seniorenteller – Individualistin oder Spaßbremse?

Virginia Ironsides Doppelgängerin Mary Sharp geht auf die Sechzig zu und beschließt, endlich ein Tagebuch zu schreiben. Die Leserin erfährt termingerecht alle Höhepunkte und Tiefpunkte, die sich im Laufe des kommenden Jahres ereignen.

Nicht nur als Hörbuch oder in gedruckter Form, auch vorgelesen von Chris Lohner als Video.

Nein! ich will keinen Seniorenteller – alt werden, aber anders

Hörbuch: Nein! ich will keinen Seniorenteller - Cover

Mary wird pensioniert und kann damit umsonst U-Bahn fahren, was sie auch zum ersten Mal in ihrem Leben macht. Sie verliebt sich neu in ihre gerade verwitwete Jugendliebe, muss aber leider erkennen, dass ihr eine blonde, schwedische Schönheit den Rang abläuft. Sie beschließt wieder einmal, keine Beziehung mehr zu irgendeinem Mann zu pflegen, denn es führt nur zu Elend und Leid. Ihre einzige tiefe Beziehung zu zwei Männern hält sie schon seit Jahren aufrecht. Beide sind schwul.

Im Urlaub las ich ein paar Folgen dieses Buches als Fortsetzungsroman in einer Regionalzeitung.

Köstlich amüsiert habe ich mich über die Frau mit dem leichten Augenzwinkern, die nicht im allgemeinen Trend mitläuft, sondern ihren eigenen, unkonventionellen Weg geht. Sie möchte nicht, nur weil es alle so machen, italienisch lernen oder mit dem Fahrrad durch die Wüste fahren. Dafür mag sie anderes, wie zum Beispiel die Bequemschuhe. Sie verliebt sich unsterblich in ihren neugeborenen Enkel und sucht geradezu nach Gründen, um die junge Familie besuchen zu können.
Die allgemeinen Altersthemen, wie die Frage nach dem letzten Film oder wer gerade gestorben ist, langweilen sie. Dagegen findet sie immer mehr Gefallen daran, sich mit ihren Freundinnen über die Krankheiten auszutauschen, die sie entweder hatten, haben oder noch bekommen könnten.
Das Bemühen einer Freundin, sich einen jungen Lover zu angeln, verfolgt sie amüsiert, nachdem sie das Bild der Freundin (zufällig) auf der Website einer Partnerbörse sah. Die Freundin macht sich dabei mindestens 10 Jahre jünger und flunkert schamlos drauflos. Entsprechend ist auch die Resonanz, die mit den gleichen Mitteln arbeitet.

Von der pfiffigen Rentnerin zur alten Grantlerin

Alles in allem habe ich die paar Fortsetzungen sehr genossen und gleich zugeschlagen, als ich diesen Roman als Hörbuch entdeckte, gelesen von Hannelore Hoger. Fast hätte ich gedacht, in ein anderes Buch hineingeraten zu sein. Aus der pfiffigen Individualistin  ist eine grantige alte Frau geworden, die sich über alles und jeden aufregt. Aus der liebenswürdigen Pensionärin, die dem Leben ihre eigenen Extravaganzen abgewinnt, wurde eine Neinsagerin aus Prinzip; eine altersstarrsinnige Spaßbremse, die allein durch ihre Anwesenheit jegliche Party vergiftet, die gegen alles ist, nur um dagegen zu sein.
Man bedenke, dass das allein durch die Stimme und die Art des Vorlesens geschieht. Hannelore Hoger mag als Kommissarin glänzen und auch sonst eine gute Vorleserin sein, für dieses Buch hätte ich mir allerdings eine andere Stimme gewünscht. Eine Stimme, die mit der Person, die ich vor meinem geistigen Auge sehe, im Einklang steht.

Liebe Leserinnen und/oder Hörerinnen, Sie haben die Wahl

  • Wer Argumente für weibliche Stinkstiefel in fortgeschrittenem Alter sucht, ist mit einem Hörbuch gut bedient.
  • Wer miterleben möchte, wie frau im Alter ihre Eigenständigkeit behält, sich die guten Seiten herauspickt und humorvoll die Klippen umschifft, greife lieber zum Buch.
  • Wer sich Pasagen des Buches live erleben möchte, besuche eine szenische Lesung mit Chris Lohner, siehe ->

Videoausschnitt mit Chris Lohner – Nein, ich will keinen Seniorenteller!

Vom Vergnügen, endlich nicht mehr jung sein zu müssen.
Chris Lohner – Nein, ich will keinen Seniorenteller!

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